Küche

Die Küche

Vollgestopft mit irgendwelchen Kochutensilien und verschiedenen Zutaten,
wirkt die kleine Küche des Hauses, die übrigens auch den kleinsten Raum hat, auf einen
leicht erdrückend und, na ja... vollgestopft.
Für einen Esstisch gab es keinen Platz, also muss die Theke, an der drei Barhocker positioniert
sind, als Unterlage für Teller und Co. herhalten. Da die Utsukushifamilie aber auch nie zur gleichen
Zeit ist, da jeder sich um seinen eigenen Kram kümmert, ist dies jedoch auch nicht sonderlich schlimm.

[Eingangsbereich]

Der Blauhaarige stupste die Tür zur Küche mit einem Fuß auf und schob die Einkäufe dann in
eine Ecke des kleinen Raumes. Die Küche war voller Rauch und Dampf, sodass der Kerl hustend
ein kleines Fenster aufmachen musste, damit er nicht daran erstickte, wobei ein kleines Radio gerade mit dem Rauch konkurrierte.. Würde er also nicht an dem Rauch ersticken, so würde dann das überlaute Radio sein Gehirn zum platzen bringen - so fern er überhaupt eins hatte.
"Hallo und dreh das Radio leiser!", brüllte der Blauhaarige und wurde gleich darauf mit einem Schlag zu Boden geworfen.
"1) Begrüß deine Mutter in einem angemessenen Ton, denn so hab ich nicht dich erzogen, wie du dich eben aufgeführt hast. 2) Wenn ich Radio höre, dann laut. Es bist ja nicht du, der die Miete bezahlt..", eine rothaarige Frau half Taiki auf und umarmte ihn dann, "3) Wo warst du?". Er gab keine Antwort auf die ersten beiden Fragen, erniedrigte sich aber dazu die dritte von ihnen zu beantworten, während er die Einkäufe einräumte: "Ich habe bei Dai geschlafen. Typischer Männerabend, Kaa-san.".
Suki betrachtete ihren Sohn einen Moment lang, grinste schelmisch und wandte sich dann wieder dem dampfenden Herd zu: "Ich glaube kaum, dass Dai schwul ist.".
"Belassen wir es dabei..", murmelte Taiki und schaute dann zu Chinatsu, eher ihm Yuna wieder einfiel, "Achso! Weißt du eigentlich wo Yuna steckt?".
"Sie ist doch auf Mission.. Aber ich dachte mir eigentlich, dass es sich schon leicht in die Länge zieht.", Suki blickte kurz zu dem Utsukushi und fischte dann etwas von dem Rindfleischeintopf aus dem Topf, um es zu probieren, eher sie ihre Nichte begrüßte und dabei auch umarmte, "Hoi, Chinatsu-chan! ~"

[CF: Eingangsbereich]

„Ich hätte dir die Tür aufmachen können…“, bemerkte Chinatsu an, während sie zwischen der Tür und dem Rahmen hindurch in die Küche schlüpfte. Aufgrund der Tatsache, dass die Sicht durch Dampf und Rauch vernebelt wurde, blieb Chinatsu erst einmal stehen und wartete darauf, dass Taiki sich bis zum Fenster durchgeschlagen hatte und es dann öffnete. Erst als sich der Nebel lichtete, stieß sie zu der illustren Gesellschaft hinzu.
Er lügt so charmant…, dachte sie, während Chiaki verstummte und sie schief anblickte.
Er lügt?
- Ja…
- Wieso reagierst du als erstes darauf, dass er lügt, anstatt darauf, dass sie ihn volle Kanne umgehauen hat?
- Das ist doch normal…
- Dass er lügt doch auch.
- Wo du Recht hast…
Mit einem Seufzen stapfte sie zu den Barhockern und setzte sich auf einen drauf, bedachte ihre Familie mit einem suspekten Blick.
Mir ist die herzliche Wärme hier noch nie so großartig aufgefallen, wie jetzt.
- Häh?
Als Suki sie umarmte, lächelte Chinatsu und erwiderte: „Hallo, Tante Suki. Was kochst du denn Feines?“

"Sukiyaki.. Aber da fehlt noch etwas Salz.", die Rothaarige grinste Chinatsu an und schlug Taiki dann gegen den Kopf, als sie dann wieder zum Herd watscheln wollte. Die Tatsache, dass sie Rindfleischeintopf kochte oder eher, dass die Shimabashi überhaupt
kochte, bedeutete nur, dass sie besorgt war. Wahrscheinlich um Yuna. Nun ja. Solange seine Mutter das nicht laut aussprach, sah er keinen Grund darin sich netter zu zeigen.
"Soll ich Too-san suchen gehen?", fragte Taiki und Suki deutete dann auf einen Plan, der am Kühlschrank hing. Sein Vater war also arbeiten...
"Ruf uns, wenn das Essen fertig ist.", er wuschelte durch die feuerroten Haare seiner Mutter und nahm Chinatsu dann bei der Hand, um schnell mit ihr aus der Küche zu verschwinden, da ihn im nächsten Moment schon ein Glas hinterher jagte.

[Tatami-Raum]

„Salz ist immer gut. Ich mag Salz“, sagte Chinatsu beiläufig und sah zu dem brodelnden Topf, der auf dem Herd vor sich hin köchelte. Chiakis Lied brach abrupt ab und er meinte:
Seit wann kocht sie?
- Huh?
- Nun ja, sonst kocht sie ja nicht so viel…
- Hm… Weiß nicht…
„Onkel Nao nicht da?“, fragte sie nach, als Taiki meinte, ob er ihn suchen sollte. Aber kurz darauf hatte Taiki schon ihre Hand genommen und sie sprang schnell vom Hocker, um dann hinter ihrem Cousin hinterher zu zischen.

[OW: Tatami-Raum]

[CF: Tatami-Raum]

Man hörte Tante Sukis Fluchen schon von Weitem und als Chinatsu gerade im Türrahmen stand, da flog ihr auch schon ein Kochlöffel entgegen, der am Stiel ebenfalls schon brannte. Das Mädchen duckte sich noch rechtzeitig und sah, wie der Löffel an einer Wand abprallte und nun auf einen Teppich flog. Bevor dieser jedoch auch noch Feuer fangen konnte, warf sich Chinatsu auf den Löffel und erstickte so das Feuer. Mit einem angeschmorten, weißen T-Shirt, also mit schwarzen (Pest-)Flecken darauf, stiefelte das Mädchen nun zu ihrer rothaarigen Tante, die gerade nur noch mit hängenden Schultern vor ihrem Topf stand, aus dem eine hellorange flackernde Flamme erwuchs.
„Ich habe es versaut, oder?“, fragte sie, ohne von ihrem Kunstwerk aufzuschauen.
Chinatsu schürzte die Lippen und zog es vor, zu schweigen, während Chiaki in ihrem Kopf anfing, sich zu kugeln, vor lachen.

[Tatami-Raum]

"Was zur Hölle...?!", Taiki bemerkte den ganzen Rauch, der aus der Küche kam und erblickte nur wenige Minuten später eine Chinatsu mit einem ruinierten Oberteil, die neben seiner Mutter stand und in einen brennenden Topf starrte, der mal Sukiyaki enthalten hatte. Sie hatte sich doch nicht etwa...
"DU! Du und du! Setzt euch beide hin und gebt keinen Mucks von euch!", kam es mit einem Mal von dem Blauhaarigen, der beide Frauen gleichzeitig hoch hob und auf je einen Hocker setzte. Dass Riku sich gerade einen ablachte, war dem Utsukushi in dem Moment so ziemlich egal. Würden Suki und Chinatsu gerade nicht so aussehen, als ob sie einen Brand überlebt hätten, so hätte er wahrscheinlich auch gelacht. Aber dem war nicht so. Taiki zog seine Jacke aus und warf sie seiner Cousine zu, eher er das Fenster ganz aufriss, sodass der übrige Rauch aus dem Raum verschwinden konnte. Dann nahm er sich ein Tuch, durchtränkte mit Wasser und wickelte es dann um den leicht verletzten rechten Arm seiner Sukis. Die Shimabashi hatte bis dato nicht gemerkt, dass sie überhaupt verbrannt war..
"Verdammte Scheiße, Kaa-san! Ich hab dir doch schon mehrmals gesagt, dass du nicht kochen sollst, wenn du dir Sorgen machst.. Aber nein! Wenn es dir scheiße geht dann rede gefälligst mit Allia, Too-san oder mir!", als Taiki eine seiner Hände auf die Theke vor den beiden donnerte und versuchte sein Gesicht nicht zu verkrampfen, da diese falsch aufgekommen war und er sich
so einen Finger böse eingeklemmt hatte, zuckte die Rothaarige zusammen und schaute schuldbewusst aus dem Fenster. Sie war wie ein Kind.. Er konnte tun und sagen, was er wollte, aber sie machte es immer wieder. Der Utsukushi seufzte und
blickte sich umher, bevor er dann damit begann den Saustall aufzuräumen. Als auch der Herd und der Topf wieder sauber waren, machte er sich daran ein neues Gericht anzusetzen und setzte sich zu ihnen, seinen Kopf mit seinen Händen stützend, als er zu den beiden blickte und abermals seufzte.
"Hast du dich verletzt, Chinatsu?", fragte Taiki dann wesentlich ruhiger, als ein weiterer blauhaariger Mann die Küche betrat und zu ihnen blickte.
"Ich bin wieder da und... ist irgendwer gestorben?", Naoki Utsukushi drückte seiner Frau, die krampfhaft versuchte nicht zu weinen, als sie ihn sah, einen Kuss auf die Schläfe und wuschelte den beiden Nachwuchs-Utsukushis durch die Haare. Taiki schüttelte bloß seinen Kopf und umarmte Chinatsu: "Nicht wirklich..."

Chinatsu sah gerade noch so kommen, dass sie gleich ihre Position wechseln würde und fand sich dann schließlich auf einem Hocker wieder, direkt neben Suki. Perplex starrte sie einige Moment gerade aus, bevor sie auch schon Taikis Jacke auffing. „E-Eh? Und jetzt?“ Vorsichtig legte sie die Jacke über die Bar und sah zu ihrem Cousin.
Du solltest doch keinen Mucks von dir geben.
- A-aber..
- [Chiaki lachte schallend auf.] Mach dir nichts draus.
Erst jetzt, wo Taiki sich um Sukis Arm kümmerte, bemerkte Chinatsu, dass ihre Tante verletzt war. Das zeugte wirklich nicht von Professionalität ihrerseits und sie seufzte leise auf.
Bevor du fragst: Ja, du hast es versaut.
- Hm, stimmt, ich hätte reagieren müssen.
Das Mädchen zuckte zurück und kippte rückwärts mit dem Hocker um, rappelte sich dann aber schnell wieder auf und setzte sich zurück auf ihren Platz neben Suki. Zum Glück war sie nicht mit der Birne aufgeschlagen, deswegen konnte sie sich auch noch koordiniert bewegen und brachte ein: „N-nichts passiert“ hervor. „Und mit mir reden kannst du notfalls auch…“, fügte Chinatsu kleinlaut dem Gesagten hinzu.
Das einzige, was noch gefehlt hätte, wäre: Ich sehe zwar so aus, aber ein verrückter, massenmordener Psychopath bin ich nicht!
- Hör auf, das ist ernst, Chiaki…
Während hilflos-wütende Gedanken seitens Taiki auf sie zukamen, waren da nur Sukis schuldbewussten und besorgten. Aber bald darauf kam, begleitet von einer Floskel seitens ihres Cousins, ihr Onkel in die Küche. Wahrscheinlich hatte er seine Mission erledigt. So zufrieden, wie er noch gewesen war, wahrscheinlich erfolgreich.
„Nein, mir geht es gut…“, antwortete Chinatsu schließlich und fügte noch an: „Und jeder ist noch mehr oder weniger am Leben.“ Sie hatte gerade noch Zeit, ihre Haare wieder in einen annehmbaren Zustand zu bringen, als sie auch schon von Taiki umarmt wurde.
Sie lächelte und fragte: „Alles in Ordnung, Tai?“

"Hm, ja..", gab er grummelnd vor sich und folgte mit den Augen dann seine Eltern, die den Raum verließen. Vielleicht hätte er seine Mutter nicht so anbrüllen sollen... Er würde das alles später noch zurück bekommen.
"Hast du Hunger? Ich habe ja was Neues auf den Herd gepackt... Zum Nachtisch
gibt es auch Eis.", Taiki löste sich von der Blonden und striff ihr seine übergroße Jacke
über, eher er zu dem Herd ging und nach einer Gemüsesuppe, die in dem Topf vor sich hinköchelte,
schaute.

„Wirklich?“, hakte Chinatsu dann doch lieber nach und legte den Kopf schräg. „Du siehst nicht so aus. Es ist doch nicht so schlimm, Suki hat sich bestimmt schon öfter so wehgetan… Und Yuna taucht sicher bald wieder auf. Du weißt doch, die Anbu-Mission.“ Sie versuchte sich an einem Lächeln, allerdings misslang es ihr ein wenig, angesichts der angespannten Stimmung. Dass die Stimmung so angespannt war, konnte auch sehr gut an ihrer Nervosität liegen, schließlich hatte sie in einem Anfall von Hysterie einfach mal Taikis letzten Gedanken in die Welt gebrüllt und war dann wie von der Tarantel gestochen aufgesprungen, um einer verzweifelten Suki beim Topf-Brennen gucken Gesellschaft zu leisten. Sie wollte auf keinen Fall darauf angesprochen werde, hatte Angst, dass sie nun keiner mehr lieb haben würde, sondern eher abgestoßen wären, da dies ja ein Eingriff in die Privatsphäre war…
Du hast auch keine, das ist ein Ausgleich.
- Ja, du aber auch nicht.
- Stimmt schon, aber… Hey, ich wollte dich gerade aufheitern, du Nuss!
„Nein, eigentlich nicht. Ich habe ja vorhin erst ausgiebig gefrühstückt… Iss ruhig alles auf, ich weiß ja nicht, wie viel du bei Dai – von dem du ja seit einiger Zeit nicht viel gehört hast, wenn ich dich erinnern darf – gefrühstückt hast.“
Chinatsu zog die Jacke enger um ihre Schultern und krallte sich in ihr fest, eben weil sie so nervös war. Da konnte nicht einmal das verlockende Angebot Eis etwas daran ändern. Sie war auf dem Sprung, könnte jeden Moment aus dem Zimmer flitzen und sich aus dem Staub machen…
Das Mädchen begann damit, mit dem Hocker hin und her zu kippeln.

"Du, ähm, kannst also Gedanken lesen?", fragte der Blauhaarige nach einer
Weile und stocherte schon mit einem Löffel in einer Schüssel herum. Er hinterfragte nochmal die letzten
Geschehnisse, als er sich diese wieder vor Augen führte und räusperte sich dann, Riku aufhaltend, nicht, dass der Windgeist noch irgendetwas Falsches sagen würde.
//Du kannst also wirklich meine Gedanken lesen? Du hast gewusst, dass ich die ganze Zeit über
ein... Pedoteddy war und bin?//, er kam sich zwar ziemlich dämlich vor, aber das Vokabular aus seinen Kindertagen kam gerade hoch.

„Eh? Wie kommst du auf so etwas? Wie soll so etwas möglich sein?“, gab Chinatsu in möglichst beherrschter Tonlage zurück und sie drückte die Finger von unten gegen die Sitzfläche des Hockers, um möglichst auf ihm sitzen zu bleiben und nicht immer halbwegs herunter zu fallen. Außerdem verhinderte sie so, allzu schnell flüchten zu können.
Sie hob den Blick nicht, starrte stattdessen aus dem geöffneten Fenster. „Wie absurd…“, murmelte sie und beobachtete, wie eine Katze auf den Zaun sprang, fauchte und sich mit ausgefahrenen Krallen auf einen armen Vogel stürzte.
Auf seine Gedanken reagierte das Mädchen nicht, sehr wohl aber Chiaki, der, kaum dass Tai zu Ende gedacht hatte, mal wieder brüllend anfing zu lachen.
Sei wenigstens still…

Taiki schwieg als er ihren angstrengten Gesichtsausdruck sah und aß ein paar Schüsseln von der
Suppe auf, eher er eine Eispackung aus dem Kühlfach nahm und von irgendeiner Schublade zwei
Löffeln hervor kramte, von denen er Chintasu die eine gab.
Die Packung wurde geöffnet, der Deckel in irgendeine Ecke geschmissen und mindestens eine Faustgroße Kugel hing nach wenigen Sekunden an Taikis Löffel, den er dann auch noch ganz in
seinen Mund steckte. Schmerzempfindliche Zähne hatte der nicht, aber es war schon recht kalt...

Chinatsu saß weiter auf ihrem Hocker, hatte den Blick derweil allerdings auf etwas Anderes gerichtet, ihre Hände, die sie ineinander verkrampfte und auf der Bar abgelegt hatte. Sie wartete einfach nur, Chiaki war still und das einzige, was sie hören konnte, war das rhythmische Klappern von Taikis Suppenschüssel + dazugehörigem Besteck. Erst als der Löffel in ihrer Hand ‚landete‘, hob sie den Blick wieder und versenkte das Stück Metall in der Eispackung. Als der erste Löffel in ihrem Mund verschwunden war, sagte sie: „Hm, ich habe gelogen. Und ja, ich weiß, dass du ein Pedoteddy bist.“

"Hm.. Dann brauche ich mich für die Lügen der letzten Jahre ja nicht zu
entschuldigen.", murmelte er und stopfte sich noch mehr Eis in den Rachen.
Er schwieg weiter und ließ sich die ganen Lügen, die er Chinatsu mal erzählt hatte,
sofern er sich auch an diese erinnerte, durch den Kopf gehen und stopfte dann noch
mehr Eis in sich hinein. Er war unfähig... Er war so unfähig. Warum hatte der Utsukushi
das nicht schon vorher erkannt? Warum hatte er ihr womöglich Sorgen bereitet oder,
was er nicht so schlimm wie erstes hielt, vielleicht hatte sie ja schon damit begonnen ihn
zu hassen.
"Ich.. Hm..", vielleicht sollte er jetzt raus gehen und die Kassiererin
besuchen. Ein kurzer schmutiger Gedanke huschte durch seinen Kopf und es folgte eine
Entschuldigung an Chinatsu, da er ihre, für ihn neu entdeckte, Fähigkeit für die wenigen
Sekunden vollkommen vergessen hatte.

Es schien Taiki nicht großartig in der Art zu stören, in die sie gedacht hatte. Aufgrund dieser Tatsache fand sie den Mut wieder, ihren Cousin anzusehen und ihn scheu anzulächeln. „Das macht nichts. Du bist doch mein einziger Tai, da vergibt man so etwas Kleines.“
Da er nun Eis futterte und Lügen revuepassieren ließ, gewährte sie sich noch einen Löffel, obwohl ihr – wahrscheinlich zum ersten Mal in ihrem Leben – nicht wirklich nach Eis war.
„Ich mache mir Sorgen, aber das ist normal. Wir sind eine Familie – und wie könnte ich dich jemals hassen? Dazu hast du schon viel zu viele gute Dinge für mich getan, als dass sich das jeweils die Waagschale halten könnte.“
Wieder landete ein Löffel Eis in dem Eisgrab, obwohl sie am liebsten alles wieder ausspucken würde. Der klassische Kloß im Hals, nichts, was man gerne hat. Auf seinen nächsten Gedanken schürzte Chinatsu die Lippen, legte eine Hand auf seine Stirn, als würde sie prüfen, ob Tai Fieber hätte, und konzentrierte ihre Chakra. Über ihr Nervensystem auf sein Nervensystem.
Keine gute Idee. Flüchten bringt nichts, dachte sie und während sie noch mit Hilfe ihrer Fähigkeit den Gedanken an ihren Cousin übertrug, nutzte Chinatsu wieder die andere, freie Hand, um weiter Eis zu essen.

Taiki schluckte trocken und presste seine Lippen auf einander, eher er piff und Chinatsu
leicht verwirrt anschaute: "Das ist.. cool. Cool aber gruselig.".
Dass er leicht stammelte ging dem Neunzehnjährigen sonst wo vorbei, da seine Cousine
ja nicht eines seiner Bettopfer war. Und selbst wenn... Nun gut! Keine bösen Gedanken mehr,
wenn Chinatsu in der Nähe ist.
"Ich schätze mal, dass du dann auch schon Riku kennengelernt hast.", sagte
der Blauhaarige nach einiger Zeit wieder gefasster und blickte zu ihr.

Chinatsu kicherte und nahm die Hand wieder von seiner Stirn. Sie bemühte sich, ein möglichst Angst einflößendes, dämonisches Grinsen – Zähnefletschen – auf die Lippen zu zaubern und sah ihn von unten her an. „Gruselig, huh? Dass du erst jetzt merkst, dass ich unheimlicher bin als ein Geist.“
Sie begann nun wieder fröhlich damit, sich Eis in den Rachen zu stopfen. Aus irgendeinem Grund war sie total begeistert. Wieso hatte sie nicht schon vorher daran gedacht, jemandem ihre Fähigkeiten zu zeigen?
Wehehe… Seine Gedanken sind wirklich manchmal lustig.
- ‚Lustig‘.
- Ja, lustig!
Chinatsu nickte und deutete mit dem Löffel auf Taiki. „Ja, aber nur flüchtig. Mir ist nie sonderlich aufgefallen, dass da noch eine zweite Stimme innerhalb deiner Stimme ist. Es ist übrigens befremdend zu hören, wie jemand mit sich selbst denkt… Also… zwei Stimmen in einem Kopf.“

"Ja.. Dann solltest du mal wissen, dass ich schizophren bin und
deshalb im Krankenhaus lag. Also.. Vor einem Jahr.", kam es plötzlich von ihm und
Riku kicherte in einer Ecke seines Kopfes. Sollte er, sollte er nicht.
//Sei mal hilfreich.//
- In wie fern hilfreich, Taiki-sama?
//Überleg dir was. Stell dich in einem angemessenen Maß vor.//
- Hm...
//Sei nett.//
- Konichi wa. Mein Name ist Riku und ich bin Taiki-samas zweite Seite. Die Schizophrenie
wird innerhalb des Shimabashiclans schon seit Generationen weiter gegeben. Da Yuna-sama
keine Symptome aufweist, hat somit Taiki-sama diese psychische Krankheit von Suki-sama
geerbt. Noch fragen?
//Ich hasse dich...//
"D-Das ist Riku..", sagte Taiki mit etwas Nachdruck und schaufelte wieder
etwas Eis aus der Packung, um es dann Kiloweise in seinen Mund zu stecken. Warum war er bloß so nervös?

Chinatsu presste die Lippen aufeinander. „Oh“, machte sie, „aber schizophren…? Er ist doch ein eigenständiger Mann… Geist… Gedanke… Schrägstrich unbrauchbares Arschgesicht.“
Sie schielte Tai an und versuchte Riku zu erdolchen, was aber nicht funktionierte.
„Das ist doch keine psychische Krankheit. Das ist das Auftauchen eines eigenen Lebewesens innerhalb man selbst. Denke ich zumindest und will es auch glauben“, erklärte das blonde Mädchen und führte sich noch ein Löffelchen Eis zu, bevor sie Tais Schulter pattete.
„Mach dir nichts draus, Tai… Ich habe auch so mein Paketchen zu tragen. Warte mal, vielleicht geht’s…“
Wieder einmal legte sie ihm die Hand auf die Stirn und konzentrierte sich. Kaum spürte sie, dass die Verbindung aufgebaut war, fauchte sie Chiaki an: Na los, rede! Da deine Gedanken meine Gedanken sind, müsste er das auch hören…
- Öh…
- Hmpf, sonst redest du doch auch so viel… rede doch mit Riku, ihr Hirngespinste amüsiert euch sicher prächtig.
- Du bist doch einer von diesen Loser-Geistern, die innerhalb des Wirtes bleiben müssen, oder aber den Körper übernehmen, oder?
- Du bist nicht besser als er…
Chinatsu schüttelte den Kopf und zog die Hand zurück. Entschuldigend sah sie zu ihrem Cousin und murmelte: „Er kann manchmal ziemlich blöd sein. Aber zumindest was das Gedankenlesen angeht, übertönt er die Stimmen, die von den Anderen kommen, sobald er redet oder … singt.“

Nun ja... Wenn er nicht gerade auf wen traf, der anscheinend auch irgendein komisches Wesen
in sich drin versiegelt oder gestopft bekommen hatte UND seine Gedanken nicht lesen konnte,
dann kam der Neunzehnjährige mit der Entschuldigung der Schizophrenie zumeist eigentlich ganz
gut aus. Die wurde dann ja auch immer nur genannt, wenn wer meinte, dass etwas nicht mit im stimmte,
und das dann auch nur auf Missionen, die eine gewisse Herangehensweise hatten. Das geschah allerdings
auch nicht zu oft. Als er Chinatsus Hand dann erneut an seiner Stirn spürte und die Gedanken der Blonden
wieder "lesen" konnte, hielt er für einige Sekunden den Atem an, sobald er eine vierte, noch ihm unbekannte,
Stimme wahrnahm. Als diese wieder Ruhe gab, regte sich seine zweite Hälfte.
- Wenn du es bevorzugst dich als Loser-Geist darzustellen; nur zu. Aber ich bin keines
Falls genau so wie du, da wir Windgeister immerhin noch so etwas wie Stolz besitzen.
//Da geht das jetzt schon wieder los...//
- Ruhe, Taiki-sama! Jetzt rede ich.
Und während Riku weiter über das Dasein der Windgeister philosophierte, warf Taiki Chinatsu
einen entschuldigenden Blick zu: "Er tut das des Öfteren... Nach einiger Zeit
gewöhnt man sich dran. Zumindest kannst du von deinem Viech da überhaupt irgendeinen
Nutzen ziehen - im Gegensatz zu mir. Aber sag mal... Wenn dein Wesen da, dessen Namen ich nicht weiß,
jetzt nicht zu deinem Kekkei Genkai gehört, woher stammt es dann?".
Ja, er nahm an, dass das Lesen von Gedanken das Kekkei Genkai seiner Cousine war, Chiaki
allerdings nicht dazu gehörte, was so viel bedeutete, dass a) entweder war das Ding erst später
oder bei ihrer Geburt in ihr versiegelt worden, oder b) es war an einen Gegenstand geheftet.

Chinatsu hörte Riku sehr geduldig zu, sogar Chiaki schwieg für einen Moment. Allerdings musste er spöttisch aufschnauben, als er das Gefasel des Windgeistes hörte.
Ich habe mich nie als Loser-Geist dargestellt. Ich kann wenigstens aus dir raus und mich eigenständig bewegen.
- Das ist wahr. Aber irgendetwas wird das Vieh wohl auch können. Oder aber es verfügt nur über ein viel zu großes, überproportioniertes Ego.
- Was zutreffen sollte.
Erst, nachdem Chiaki wieder aufgehört hatte, zu reden, konzentrierte sich Chinatsu wieder auf das, was ihr Cousin ihr mitteilte. „Was macht er öfter? Dir den Mund verbieten? Sag ihm, er soll sich nicht so anstellen, ich nehme keine Dinge ernst, die nicht einmal über eine feste Gestalt verfügen, sondern lediglich im Kopf eines anderen Wesens vorkommen… Chiaki heißt er übrigens und es gehört zu dem Armband.“
Sie hob ihren linken Arm, an dem ein silbernes Armband mit Saphirstein lose von ihrem Handgelenk hing. Es rutschte ein Stück den Arm hinab, blieb dann aber gut sichtbar etwas oberhalb vom Jackenärmel hängen. „Vielleicht erinnerst du dich daran, aber es hat Yuuka gehört. Unglaublich, dass sie es solange überlebt hat, mit so einem Typen in ihrem Kopf.“

"Unvorstellbar, wenn ich es mir recht überlege, aber genau das erwartet
mich ja auch mit Riku.", meinte Taiki Schultern zuckend und löffelte sich noch etwas
Eis in den Mund, "Und das mit dem Nerven von Riku.. Der macht das ständig.
Den Mund verbieten tut der nur, wenn er genervt ist, was, dank deinem Chiaki, gerade der
Fall ist.". Er musterte das Armband noch eine Weile lang und grinste dann:
"Aber das heißt für dich ja, dass sobald du Ruhe vor dem haben willst, ja nur
das Armband abnehmen musst - jetzt mal von den ganzen Gedanken abgesehen."

„Hm, viel Erfolg bei der Bewältigung“, kommentierte Chinatsu und drückte ihren Löffel in das langsam schmelzende Eis, um es zu zermatschen. Es war nicht mehr viel übrig, aber das war egal. Die merkwürdige Atmosphäre glich alles aus. Schon komisch war es, wenn man so gleichgültig über Stimmen im Kopf des einen oder anderen redete, über Gedankenlesen und Ähnliches. Sie seufzte.
„Tut mir Leid. Ich kann ihm ja nicht sagen, was er denken soll“, entschuldigte das Mädchen sich, zog den Löffel aus dem Eis, nur um ihn dann in einer zornigen Bewegung wieder hineinzustopfen.
„Würde ich ja gerne. Aber wenn du mal zurückdenkst, hast du mich schon mal ohne damit rumlaufen sehen? Oder Yuuka?“
Hehehe… Verschlagene, böse, kleine Kobolde, die wir sind.
- Halt die Klappe, Chiaki -.-

"Schon gut, schon gut..", murmelte Taiki und gähnte, während er seinen
Löffel immer wieder gegen den Boden der leeren Eispackung stößen ließ, "Gegen Chiaki und Riku können wir beide wohl nicht sehr viel machen.".
- Da habt ihr Recht, Herr. Vor allem wenn es nur zu eurem Besten ist!
//Denk mal scharf darüber nach, was deine Lieblingsbelohnung ist und ob du sie
weiterhin haben willst.//
- Verzeihung, Taiki-sama.
//Braver Riku.. Fühl dich gepattet.//