Yorashi - Der Abendsturm
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 Gassengewirr

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BeitragThema: Gassengewirr   Gassengewirr I_icon_minitimeSa 10 Sep 2011, 12:08

Neben den prächtigen, selbst in der Nacht hell erleuchteten Hauptstraßen Kumogakures gibt es natürlich noch kleinere Sträßlein, Gässchen und schattige Winkel in den HInterhöfen der schief gebauten Häuslein in Richtung äußerer Ring der Stadt. Was sich hinter vollgestopften Müllcontainern und fern abseits jeglicher Straßenlaternen wohl fühlt, sollte einem jeden, ordentlichen Bürger eigentlich klar sein. NIcht wenige meiden diese Teile der Stadt - und das auch aus gutem Grund. Gänzlich ungefährlich ist der Besuch hier nämlich nicht. Warum die Regierung keine strengen Maßnahmen ergreift?
Ganz einfache Angelegenheit. Die ganz großen Fische zahlen ein paar Scheinchen (was ganz und gar nicht bedeuten soll, dass Kumos Regierung korrupt ist) und außerdem gibt es sehr viel Anderes zu tun, als ein paar Kleinkriminelle aus ihren Löchern zu vertreiben. Wenn man etwas auf legalem Weg nicht erwerben kann, so ist man selbst als Otto-Normal-Bürger willkommen - vorausgesetzt, man hat die richtigen Mittel in den Taschen bei sich. Für Gelegenheitsräuber, -diebe und -drogendealer ist das "Rattenloch" die richtige Anlaufstelle. In dieser Taverne findet man nicht nur willige Händler und Kunden, sondern auch einen netten Tropfen Alkohol, sowie freundlich gestaltete, kleine Zimmerchen, die aber nicht immer zwingend die keimfreisten sind.
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BeitragThema: Re: Gassengewirr   Gassengewirr I_icon_minitimeMo 12 Sep 2011, 12:07

CF: Straßen
Kein schöner Gedanke, den sie da ansprach. Etwas verdammt Dummes? Na, das wollte er aber nicht. Früher, okay, da hätte er einen Luftsprung gemacht – aber jetzt war es doch einfach nur unerträglich! Ein Glück, dass das alles nur mehr oder minder eine Art Scherz war, den sie da durchgingen. Er zwang sich zu einem Lächeln, das sich aber nicht unbedingt lange hielt, immerhin war er noch immer von Unmut erfüllt, wenn er auch nur kurz daran erinnert wurde, wo er demnächst sein würde. Dass sie dabei an seiner Seite war, war nur ein kleiner Trost – aber immerhin besser, als gar nichts.
„Hmpf, sorry. Das waren sicherlich die Euphorie und die Genugtuung, dich geschlagen zu haben. Ich hab’s wohl verdient“, lenkte Len ein und zuckte ein weiteres Mal nur mit den Schultern. Er hatte sowieso nicht geglaubt, sie würde das noch einmal wiederholen. Warum auch? Sie waren doch glücklich zusammen!
Erneut schlich sich ein Lächeln auf seine Lippen, kaum dass seine Hand einen Kuss bekommen hatte. Man wusste ja, wie sehr ihn so etwas beruhigte.
Er wusste auch nicht mehr genau, wie er eigentlich auf das Thema gekommen war, aber sie hatte Recht. Das noch einmal durchzukauen war eigentlich nur unheimlich dumm, weswegen er auch nicht mehr daran denken mochte.
„Hmm…“, machte er und dachte über ihren Vorschlag nach. „… okay.“ Wenn er sah, wie sie unter dem Gedanken litt, konnte er doch nicht einfach ‚nein’ sagen! Das… das war die pure Qual, selbst für ihn! Außerdem hatte sie ja Recht. Nur hatte er die Vermutung, dass sein Körper im Schlaf mal wieder von selbst reagieren und sich unwillkürlich an sie kuscheln würde. Nun ja. Das würde sich ja zeigen.
Auf das ‚Warte’ blieb er natürlich stehen und sah sie fragend an. „Worin? Ach, das wirst du schon sehen.“
Er hörte sich brav an, was sie zu sagen hatte und grinste dann, wenn es auch verdammt geschauspielert war. „Ich lass dich nicht allein, mein armer Finger. Und jetzt komm, sonst stehen wir ja ewig hier herum.“ Ihr verzweifelter Ansatz wurde dementsprechend einfach abgeblockt, den Zimmerschlüssel ignorierte er freilich, denn dann müsste er ja die Hände aus den warmen Hosentaschen ziehen, was nun einmal nicht in seiner Liste von Dingen stand, die er demnächst tun wollte.
Len ging voran und fühlte sich schlagartig unwohl und beobachtet, aber dieses Gefühl beschlich ihn eigentlich immer, wenn er die normalen und vollen Wege hinter sich ließ. War man vorher nur ein kleiner, unbedeutender Teil einer großen, sich durch die Straßen quetschenden Masse, so war man nun ein simples Individuum, das durch den berüchtigten Teil Kumogakures schlich. Man hatte zwar nicht zu befürchten, direkt von einer Stadtwache hochgenommen zu werden, ungeheuer sicher war es hier allerdings auch nicht wirklich.
Mit schlafwandlerischer Sicherheit führte der blonde Informant seine charmante, äußerst aufreizend gekleidete Begleitung durch die verschiedenen sich ständig kreuzenden Gassen. Er hatte es schmutziger in Erinnerung, auch war der üble Geruch dieses Mal halbwegs zu ertragen. Vielleicht hatte sich jemand die Mühe gemacht, hier ein bisschen aufzuräumen. Wenn er sich recht entsann, dann war dies auch das erste Mal, dass er den nicht durchgängig gepflasterten Boden unter seinen Schuhen erkennen konnte. Jetzt links, schoss es ihm durch den Kopf, weswegen er auch spontan abbog, ohne einen Ton der Ankündigung von sich zu geben. Es tat ihm ja auch leid, aber hier laut zu sprechen, anstatt wie jeder Andere zu tuscheln oder gar zu schweigen, würde zu viel Aufmerksamkeit auf sich lenken, die man bei Gott aber nicht haben wollte. Nach ungefähr zehn Minuten waren sie auf den ersten, lebenden Menschen gestoßen, wenn man dies den als „lebendig“ betiteln wollte: Ein Obdachloser hatte sich einige Pappkartonseiten aufeinander gestapelt und den zerrissenen, früher sicher ansehnlichen, Trenchcoat bis zur roten Nase hochgezogen, um mit einer angebrochenen Flasche irgendeinen Alkohols im Arm etwas Schlaf zu finden. Jedoch war Mitleid in diesen Gassen vergeblich zu suchen – und auf den offiziellen Straßen durfte man sich freuen, wenn man einen Platz fand, an welchem man von Shinobi ungestört ein paar Stunden um milde Gaben betteln konnte. Mit Pech wurde man relativ schnell wieder ins dunkle Viertel vertrieben und fristete dort wieder sein einsames Dasein. Der zweite, lebende Mensch war ein bärbeißig dreinblickender, großer Mann mit kleinen, böse funkelnden Augen. Um seinem Aussehen eine Ehre zu machen, stürzte er mit einem blitzendem Messer in der Hand auf Yoko und Len los, aber so geradlinig und voraussehbar, wie der dreiste Kerl sich bewegte, war es für den jüngeren Nukenin eher weniger ein Problem, erst mit einem Ausfallschritt tiefer in die Mitte der Gasse auszuweichen und dann den Arm des Mannes zu greifen.. Bei solchen spontanen, unüberlegten Überfällen war es immer ein Leichtes, dem ach so sicheren und mit Beleidigungen nebenher prophezeiten Tod zu entgehen. Ein einfacher Ruck und der Angreifer verlor für die Dauer eines Atemzuges sein Gleichgewicht – was aber reichlich Zeit für einen geübten Menschen war, um einen einfachen Trick aus dem Bereich des Judo anzuwenden. Schulterwurf – und der Kerl lag relativ benommen am Boden. Wer nie lernte, richtig zu fallen (was im Judo der Anfang des Übels war), dem konnte der Aufprall auch mal die Luft aus den Lungen pressen. Da Len ein Mensch der Gewohnheiten war, hatte er es sich nicht abgewöhnt, den Ärmel des Gegenübers festzuhalten, was im Endeffekt sogar ein Vorteil war, konnte er so doch augenblicklich das Messer aus der Hand des Angreifers winden. Einen Moment betrachtete er es, bevor er dem am Boden liegenden Mann noch einen Tritt in die Seite gab – nicht, dass er, der sich schon wieder zu rühren begann, sich noch einmal aufrappelte und einen neuerlichen Angriff wagte.
Das Messer schob Len sich unter den Gürtel, aus verschiedenen Gründen. Erstens konnte jeder es sehen und sich somit auch zweimal überlegen, ob man es wirklich wagen sollte, einen Raub zu versuchen. Zweitens war es wirklich fein gearbeitet! Er, als absoluter Waffennarr, konnte schon sehen, dass man mit dem Stück etwas verdienen konnte. Und drittens – drittens konnte Yoko nicht sagen, er wäre leichtsinnig und unbewaffnet losgegangen. Hust.
Außer einem neuen Messer brachte dieser Aufstand ihm allerdings vor allem eins ein: ungewollte Aufmerksamkeit. Oder etwa doch nicht soo ungewollt?
Fast in derselben Sekunde, wie er die großen, bernsteinfarbenen Augen erkannte, trieb es ihm ein Grinsen ins Gesicht. Kaum zwei Herzschläge später stand die Verkörperung dessen, was beim männlichen Geschlecht augenblicklich den Beschützerinstinkt auslöste, vor ihnen. Ein ziemlich kleines, zerbrechliches Mädchen, fünfzehn, wie er wusste, aber dennoch definitiv jünger aussehend. Ihr Haar war zwar nicht so märchenhaft glänzend, aber trotz allem besaß es seinen Charme: Knielang, der Pony kurz und gerade geschnitten, um die Stirn zu verdecken. Die Augen leuchteten, wirkten aber im Zusammenhang mit dem stumpfen, grünen Haar und dem fahlen Gesicht eher trüb, als lebendig. Ein flüchtiger Blick verriet, dass sie ein armes Straßenkind war, allein die abgewetzte Lederjacke und die durchlöcherte Jeans sprachen dafür. Was man bei dem aufgeweckten Kind allerdings nicht vermutete: Sie war eine knallharte Geschäftsfrau und ging mit Schuldner brutaler um, als die italienische Mafia. Außerdem war sie wahrscheinlich noch süchtiger nach illegalen Rauschmitteln, als Yoko es je sein könnte. Er selbst fand es immer wieder erstaunlich, wenn er dieses Mädchen auf eigenen Füßen laufen und nicht tot am Boden liegen sah.
Mit dem Ausruf „Len-sama!“ warf sie sich um seinen Hals und starrte dann erwartungsvoll und mit einem flüchtigen Lächeln zu ihm auf. Ihr Blick huschte kurz zu Yoko, aber sie stempelte die Frau wohl als eine unbedeutende Bekanntschaft ab, die er aus Spaß an der Freude mit sich genommen hatte – jedenfalls schloss er dies aus ihren Gedanken.
Len seufzte bedeutungsschwer und drückte sie sanft von sich, ein „Midori-chan, bitte –“ auf den Lippen. Ebenjene verstand sofort, nickte kräftig und ließ sich wieder auf die ganze Fußsohle hinab, um ein paar Schritte zurückzugehen.
„Verstehe“, sagte Midori in einem viel zu fröhlichen Tonfall, „wieder zu viel und zu lang rumgeturtelt. Chakrapille?“ Fast in derselben Sekunde hielt sie ein kleines, blaues, rundes, an Kaugummi-Kugeln erinnerndes Ding in der Hand. Obwohl er erst ein dutzend Mal auf sie getroffen war, kannte dieses Kind ihn wie keine Zweite. Lag wohl aber auch an dieser einen, verflixten und durchzechten Nacht, in welcher er seine wieder aufkommenden Depressionen hatte in Alkohol ertränken wollen. Auch für den sonst eher schweigsamen Jungen bedeutete das: es lockert die Zungen unheimlich, wenn man der Verlockung anheim gefallen war. Jedenfalls hatte Midori an seinem Tisch im „Rattenloch“ gesessen und sich seine Lebensgeschichte angehört.
Len lehnte dankend ab. Wenn schon eine einfache Kopfschmerztablette ein Graus war, so wagte er sich ganz sicher nicht an solche Aufputschmittel. Unbekümmert warf das Mädchen sich die Pille selbst in den Schlund. Ein Knacken und dann wurde ihr Gesichtsausdruck genießerisch.
„Ich habe hier übrigens deinen Anteil. Boah, Len-sama, du warst do lange weg, ich hätte es fast selbst ausgegeben!“ Aus unterschiedlichen, erstaunlich lochfreien Taschen ihrer Hose und Jacke zog sie erst einen silbrig-glänzenden Ring, dann ein paar Münzen, eine lange Kette mit wenigen Edelsteinen und schließlich zwei Bündel mit lustig im Wind wehenden Geldscheinen hervor. Ohne, dass er ein Wort sagen konnte, stopfte sie ihm die Sachen in die Hosentaschen. Er hätte ja nie gedacht, dass sie sich daran hielt, wo es doch schon ein halbes Jahr her war.
„Sechzig Prozent vom Erlös, wie versprochen!“, strahlte die Grünhaarige. Erneut seufzte Len auf und erklärte schließlich, an Yoko gewandt:
„Als ich schon einmal in Kumogakure war, habe ich ihr das Leben vor so einer Straßenbande gerettet, ich hätte sie ja nicht sterben lassen können…“
Alle anderen Anwesenden hatten Wetten abgeschlossen, wie lange sie gegen die Rowdies und Verbrecher aushielt und am Ende hatten alle verloren, weil niemand damit gerechnet hatte, dass ihr jemand zur Hilfe kam und eingriff.
„Dann habe ich ihr ein paar Waffen gegeben, die sie dann verkaufen sollte, um selbst einen Anteil von vierzig Prozent einzuheimsen. Es waren wohl mehr Waffen, als ich in Erinnerung habe…“ Er nahm seinen Opfern immer die Waffen ab, nicht, dass die ihn noch hinterrücks abstachen, wenn sie sich noch einmal aufrappeln konnten. Manchmal behielt er die Teile für sich, um sie zu benutzen, manchmal verhökerte er sie aber auch nur.
„Len, die große, weiße Villa auf dem Hügel…“, begann Midori in einem drängenden Tonfall, nachdem sie sich umgesehen hatte, „…wird kommenden Freitag für zwei Stunden vollkommen leer stehen. Erst dachte ich, ich könnte dort einsteigen und habe niemandem davon erzählt. Aber du könntest die Info bestimmt zu einem guten Preis verkaufen und mehr herausschlagen, nicht? Sagen wir wieder 60/40 für dich?“
Etwas von dem Wortschwall erschlagen, stand Len erst einmal sprachlos vor dem Mädchen, bevor sein Verstand wieder zu arbeiten begann. Sie hatte schon Recht. Allein sein Name stand für Zuverlässigkeit. Kein Kleinkrimineller ließ sich gern die Chance entgehen, einen seriösen, heißen Tipp von ihm zu bekommen. Er fragte, von wann bis wann – es hieß von siebzehn bis neunzehn Uhr.
„Einverstanden. So wie immer?“, sagte er. Midori nickte glücklich und bekräftigte das ‚Wie immer’. Sie wollte bereits wieder das Weite suchen, um ihm den offiziellen Gassen-Marktschreier zu mimen, doch er hielt sie am Arm zurück.
„Ich habe da noch eine Frage an dich…“, begann er, aber Midori fiel ihm sofort ungläubig ins Wort.
„Du hast mal eine Frage und die sogar an mich? Erstaunlich.“ Man sah ihr an, wie überrascht sie war. Wahrscheinlich hatte sie aber einfach nur eine zu hohe Meinung von ihm, da er ihr gnädigerweise das Leben gerettet hatte.
„Ja, verdammt. Hör zu. Kannst du mir weiterhelfen, was ‚Ingrid’ angeht?“, fragte er dann, wenn auch ziemlich ungeduldig anmutend.
Sofort brandete Midori in ein lautes Lachen aus und brauchte eine Weile, bis sie sich wieder gefangen hatte. „Also wirklich, Len-sama. Ingrid? Du solltest mit weniger hartem Zeug anfangen, sonst bringst du dich noch selbst ins Grab.“
Wahrscheinlich hatte er ein wenig grantig und verärgert aus der Wäsche gesehen, denn das Straßenmädchen duckte und entschuldigte sich kleinlaut.
Sein Blick fiel auf Yoko, die er zu Gunsten von Leben und Kohle ein wenig vernachlässigt hatte – was ihm leidtat! – und meinte schließlich: „Fachsimpelt ihr mal… ich hab da sowieso keine Ahnung von.“
Ohne große Umschweife hatte sich Midori auch schon umgewandt und starrte mit nun vor Begeisterung leuchtenden Augen zu Yoko auf. Selbst gegen die Frau sah sie mickrig klein und dürr aus – was wohl größtenteils daran lag, dass die Ältere zumindest über ein paar Muskeln verfügte, während das Mädchen lediglich spindeldürre Spinnengliedmaßen besaß.
Der Vergleich ließ ihn frösteln, von Spinnen hatte er definitiv genug.
„Und du suchst Ingrid? Langweilt dich der übliche Scheiß etwa?“, fragte das Mädchen unschuldig nach. Sie kannte seine Einstellung zu diesen vermaledeiten Drogen ganz genau, das einzige, was sie hiermit bezwecken wollte, war ihm die Lust an seiner Gefährtin zu verderben. Midori hatte es wohl zu ihrer Lebensaufgabe gemacht, ihn solange zu nerven, bis er endgültig aufgab, andere Städte und andere Mädchen zu besuchen, um schließlich ein ganz und gar vermodertes Leben, versunken in Dreck und Drogen, an ihrer Seite zu führen. Midori war ja auch ein ganz liebes Mädchen und Drogensucht war ja kein Problem, wofür Yoko ja das Paradebeispiel war. Was fehlte war die gegenseitige Vernarrtheit, die er mit jedem Atemzug genoss, bei welchem er in Yokos Nähe war. Die Grünhaarige sah ihn als hilfreiches Werkzeug an, das ihr Überleben sicherte – und er sah in ihr ein verlaustes Straßenkind, das ihm ein wenig Geld einbringen konnte. So sehr sie Beide auch ein geschwisterliches Verhältnis vortäuschten – sie wussten, was der jeweils Andere von einem dachte. So ließ Len sich freilich nicht von Midoris Stichelei beeindrucken und diese tat so, als wäre rein gar nichts geschehen.
„Mhh, Ingrid besitze ich nicht… ist schließlich ein vollkommen ungetesteter Prototyp. Aber Akio, im ‚Rattenloch’ hat immer ein oder zwei Proben da. Falls es einen Idioten gibt, der sich den Spaß wirklich so viel kosten lassen will.“
Len stöhnte aus vielerlei Gründen äußerst entnervt auf. Ungetesteter Prototyp klang nicht wie der heißersehnte Weg, auf welchem Yoko wieder vollständig auf die Beine kam, sondern eher wie ein sicherer Freifahrtsschein direkt in die Abgründe des Jenseits. Außerdem betitelte Midori Yoko gerade indirekt als Idiot, weswegen er bereits eine gesalzene Portion Ärger wittern konnte, aber das schlimmste Gefühl löste immer noch der Name Akio aus.
Nicht nur, dass der Typ etwas über zwei Meter maß, und aufgrund von purer Muskelmasse auch mindestens hundert Kilo auf die Waage brachte, sowie ein riesiger Halsabschneider mit wuchernden, unfairen Preisen war, nein.
Überwältigend war einfach die Ähnlichkeit, die der Kerl, weit aus dem Norden mit dem strohblondem Haar und den wässrigen Augen und dem Namen Akio, aufweisen konnte. Ähnlichkeit zu wem? Als Len gezwungenermaßen das erste Mal ins Rattenloch eingetreten war und Midori den großen Kerl beim Namen angesprochen hatte, hatte er für die Dauer eines Herzschlages gedacht, sein toter Vater würde vor ihm stehen.
Die unbeholfene Art, mit der er den Dealer angesehen hatte, brachte diesen dazu, mit schnarrender Stimme und grob gewählten Worten einige Hassparolen gegenüber ihm anzustimmen. Seitdem waren sie so etwas wie Feinde, vor allem, nachdem Midori ihm fröhlich zwitschernd gesteckt hatte, was der kleine Kerl denn eigentlich von ihrem Milieu dachte. Es war besser, wenn er Akio aus dem Weg ging. Nicht, dass Len Angst vor ihm hätte – aber noch einmal brauchte er wirklich keine drei gebrochenen Rippen.
Das kleine, grünhaarige Mädchen bemerkte seinen Unmut, behielt aber ihre fröhliche Stimmung. Gut gelaunt erzählte sie Yoko, dass er in einer ekeligen Fehde mit Akio verwickelt war und dass jedes Mal Stühle flogen, wenn sie sich sahen. Myura, der Barkeeper und Besitzer des Rattenlochs war zwar mit Len befreundet – was dem Zusturm von Abschaum zu verdanken war, der eintrudelte, wenn er sich dort befand -, aber er hatte ihn davor gewarnt, dass wenn Akio noch mal wegen ihm Mobiliar zerdepperte, dass es dann ganz sicher keine Prozente und Freigetränke mehr für ihn gäbe!
„Es lässt sich kein Besuch da vermeiden. Man trifft fast ausschließlich dort die Richtigen. Der Rest ist Kleinvieh, oder ein Ring aus Anfängern und Betrügern. So folgt mir denn, werte Damen und edle Herren.“ Obwohl die Grünhaarige sich bereits auf den Weg machte, zauderte er noch ein wenig.
Er war so herrlich erleichtert gewesen, als er Midori zufällig getroffen hatte und hatte sich solche Hoffnungen gemacht, nicht in diese berüchtigte Taverne zu müssen – und jetzt hatte er sogar zwei Gründe, dort aufzutauchen.
Trotz allem gab es für ihn auch gute Gründe, diesem Haus fern zu bleiben. Der junge Nukenin hatte nichts gegen Myura, ganz im Gegenteil sogar, aber diese Spielunke war wirklich der dreckigste Laden, der noch nicht vom Gesundheitsamt geschlossen wurde, den er je gesehen hatte. Es roch nach wochenaltem Bratfett, Schweiß und vergossenem Alkohol, überall auf den Möbeln und Tischen waren undefinierbare Flecke, wohlmöglich Schimmel, Blut und anderes, ekeliges Zeug. Immer fand man eine tote Ratte, man musste nur richtig in den ungefegten Ecken und unter den Tischen suchen.
Die Ausgestoßenen der Gesellschaft versammelten sich dort. Kriminelle, Obdach- und Arbeitslose, Huren (eine äußerst belustigende Situation war gewesen, als eine männliche Hure – er hatte zuvor noch nie eine gesehen – einen Vertragspartner und ihn angeflirtet hatte, während sie mitten in Verhandlungen gewesen waren, der Bierkrug war nur ein Haarbreit an dem empört aussehendem Mann vorbei geflogen), Flüchtlinge aus anderen Ländern, die niemals Anschluss gefunden hatten, Alkoholiker und ab und an auch vernachlässigte Kranke, was es nicht sonderlich gesünder dort machte.
Die Gläser wurden kalt abgewaschen, da Myura es für Verschwendung hielt, das knapp bemessene heiße Wasser dafür zu benutzen, sodass immer irgendetwas am Glas klebte, von was man lieber nicht wissen wollte, was es war. Egal, ob Len dort etwas trank oder einfah nur die stickige, stinkende Luft einatmete – er hatte nachher immer das Gefühl, am nächsten Tag sterbenskrank im Bett liegen zu müssen.
Wenn Leute es dringend und eilig hatten und zu wenig Mäuse in den Taschen trugen, verzogen sie sich in finstere Eckchen, in welchen die Glühbirnen bereits versagt hatten. Myura schenkte sich und seinen Kunden zu Weihnachten immer neue Glühbirnen, wie er ihm einmal erzählt hatte. Der Kerl war ein großartiger Mensch mit dem Herzen am rechten Fleck, besaß eine tolle Frau und zwei hübsche Töchter, aber seine Familie dachte immer noch, er wäre ein Büroangestellter beim Raikage, weswegen er sich kaum leisten konnte, etwas für den Laden auszugeben. Aber zurück zu den dunklen-Ecken-Vöglern: sie hatten den armen Billardtisch schon unbenutzbar gemacht. Manche munkelten, eine Frau müsse sich nur darauf setzen, um schwanger zu werden. Dass das wenige, elektrische Licht ein Feind von ihm war, sollte jedem bewusst sein. Wenn man nur in tiefe Moore, statt in Augen sah, waren Lügen nur schwer zu enttarnen. Außerdem kannte ihn dort jeder beim Vornamen und höchstens ein Drittel dieser Leute hatte er überhaupt jemals im Leben gesehen.
Len sträubte sich gegen das Rattenloch , weil er sich immer, wenn er es betrat, fühlte, als wäre er ebenfalls ein Teil dieses dreckigen Milieus, das wohl die wirklich unterste Schicht der Gesellschaft ausmachte. Er wollte nicht, dass Yoko so von ihm dachte, sondern weiterhin ein möglichst reines Bild von ihm hatte.
Das alles ließ ihn zögern (obwohl Akio bei Gott der Hauptgrund war), aber wenn er an seine Geliebte dachte, die die ominöse Drogen namens Ingrid so dringend brauchte, fühlte er sich verantwortlich. Vielleicht beschränkte sich Akio ja darauf, ihm lediglich seinen Hass und ein bisschen Speichel ins Gesicht zu spucken. Deswegen und weil Midori aus fünfundzwanzig Schritt Entfernung begann, herumzunörgeln, warf er Yoko nur einen relativ gleichgültigen Blick zu, bevor er mit den Schultern zuckte und dem grünen, herumhüpfenden Flummi folgte.

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BeitragThema: Re: Gassengewirr   Gassengewirr I_icon_minitimeMo 12 Sep 2011, 19:17

„Ach, hast du denn mal gezweifelt, dass du es nicht schaffen könntest, wenn du dich so darüber gefreut hast?“, hakte sie doch nach. Das würde der Utsukushi glatt Genugtuung geben, wenn er denn wirklich gedacht hatte der Kampf wäre aussichtslos, wo – wenn sie sich richtig erinnerte – er die ganze Zeit die Oberhand über das Geschehen hatte.
Sanft erwiderte sie sein Lächeln und war froh, dass er doch zustimmte mit ihr in ein und demselben Bett zu schlafen. Sie hätte es einfach nicht ertragen können, wenn er nicht einmal mehr das mit ihr teilte, wo sie sich doch eigentlich auch noch einig waren vielleicht den morgigen Tag als Kusstag umfunktionieren. Diesen, oder einen der nächsten.
Sie setzte zum Sprechen an, schloss jedoch wieder die Lippen. „Werde ich nicht tun. Versprochen. Und…“ Sie griff mal dreist wie sie war, als er einfach so weiterging, an seine Hose, um den Schlüssel in eine der hinteren Taschen verschwinden zu lassen. „Falls du es dir doch noch anders überlegst“, erklärte sie diese Handlung. Das letzte Mal, als sie an seine Hose hinten griff war ja immer noch gewesen, als sie sich nicht sonderlich riechen konnten – jetzt liebte sie ja seinen Geruch! ♥ – und sie ihm ein Krabbeltier hinten reingeworfen hatte. Böse, böse. Doch gehörte das nun auch der Vergangenheit an, die sie besser zurücklassen sollten. Wenigstens so bestimmte Teile.
Und nun waren sie doch in schmuddeligen Gassen gekommen. Sie selbst mochte das Flair, das sie hier umgab. Es war wohl so was wie die einzige Heimat, die sie in den letzten Jahren hatte. Schmutzige Gassen, armselige Geschöpfe, Alkohol, Drogen. Übrigens hatte sich Yoko auch schon wieder super an ihre Schuhe gewohnt – war klar von Vorteil war, als ein Kerl auf die beiden losging. Nun, nette Technik die Len da anwandte. Sie selbst hätte es wohl weniger zimperlich gemacht. Auch einen Kratzer riskiert. Jemand solches hatte aber auch keine andere Behandlung verdient, wie die, die sie gewählt hätte. Einen Fuß weggehauen, damit er erst mal besser torkelte und einen Tritt in sein bestes Stück. Dann hätte sie es auch spielend leicht geschafft ihn vor ihr in die Knie zu zwingen. „Überraschung, Überraschung – was hast du mir noch alles so verheimlicht?“, fragte sie scherzhaft mit einem Grinsen. Sie hoffte ja eigentlich, dass sie sonst über ihn bescheid wusste.... doch zeigte sich da gleich mal ein anderes Gesicht und warf das Gedachte über den Haufen.
Die nächste Situation gefiel ihr ja mal so gar nicht. Da warf sich einfach ein junges Mädchen an den Hals ihres Gatten! Ja da wählte sie das Wort bewusst, selbst wenn sie nicht wirklich verheiratet waren. U-Und er betitelte sie sogar noch mit einem ‚-chan‘! Ein Glück für (fast) alle beteiligten, dass da dieser ‚arme‘ Kerl noch am Boden vor ihr lag auf den sie mal, nett wie sie war, erst mit einem Fuß auf seine Magengegend stampfte. Schön ihre Hacken in den Körper des Mannes schlug, der ein jämmerliches Wimmern von sich gab. Und schon wieder sprach einfach diese, diese… Schlampe! Und gab ihm Geld. Verstand das nicht wirklich, doch wurde sie ja aufgeklärt. „So?“, fragte sie ruhig. Verkniff sich den Kommentar, dass er sie eben doch besser sterben lassen hätte können. Warum sollte sie es auch nicht selbst machen? ♥ „Da es noch lebt, spricht ja nichts dagegen, wenn ich es nun zu den Toten verbanne, nicht?“ Wenigstens hatte sie sich noch so weit unter Kontrolle nicht gleich auf sie loszugehen, selbst wenn sie das Mädchen mit nicht mehr als ein ‚es‘ bezeichnete. Lag wohl auch daran, weil sie unter sich ein Opfer hatte, das sich wieder rührte und sie gleich mal wieder mehr Kraft mit ihrem Stöckel ausübte. Nun bereute sie es schon sich nicht doch höhere angezogen zu haben. Hätten mehr Wirkung gehabt. Aber das ging auch so schon. Sie war ohnehin gerade recht wütend – um es milde auszudrücken – da ballte sich diese Wut eben auch in Kraft um. Selbst, wenn sie noch geschwächt war. Es ging ja mal so gar nicht, wie dieses Dirndl mit ihm umsprang! Gleich noch mal extra aufstampfen. Er könnte einem ja fast schon leidtun – damit war nun nicht der Mann unter ihren Füßen gemeint.
„Würde sonst danach gefragt werden, wenn nicht danach gesucht wird, Schätzchen?“,
erwiderte Yoko mit einem Lächeln, das von Arroganz nur so triefte, betonte das ‚Schätzchen‘ besonders zischend, wie eine Schlange, die jeden Moment zubiss. Nun, irgendwie kamen sie ja doch auch an die Antwort. Und es hätte sie gewundert, wenn jemand wie das ihnen hätte weiterhelfen können, was das anging. Kaum merklich hob sich doch eine Augenbraue, weil sie überrascht war. Dass es viel kosten müsste, wusste sie. Aber so viel, wie Midori gerade sagte? Nun, das würde sie noch feststellen dürfen. Bestimmt log sie ohnehin nur. Weniger begeistert war ja Len, wie sie aus den Augenwinkeln (und vom hören) wahrnahm. Zwar wusste sie auch das nicht, wieso er gar so erfreut (Ironie!) war, aber wahrscheinlich würde sie das schon noch herausfinden – ob ihr die Antwort nun gefiel, oder nicht. Genauso überließ sie Len die Entscheidung, ob sie ihr denn nun folgten, oder eben nicht. Wenn es nach ihr ginge, könnten sie auch einen anderen Weg einschlagen. Sie fand immer das, was sie suchte, wenn sie es nur wirklich finden wollte. Eben gesegnet von Fortuna – wenn Athene sich weniger großzügig zeigte (Mir ist keine römische Gottheit für Klugheit eingefallen… xD griechisch ftw).
Leider Gottes ging er ihr doch hinterher, also setzte auch sie den anderen Fuß auf Brusthöhe des Mannes unter ihr – wenn er noch seine Augen halbwegs öffnen konnte, musste er sogar eine nette Aussicht haben – und folgte dem Blonden mit langen Schritten. Nicht, dass sie ihn noch verlor hier. Das riskierte sie doch mal lieber nicht. Nicht, wenn es da dieses dumme kleine Mädchen gab. Also schweigend neben ihm hinter eben dieser Person herlaufen. „Wenn’s nicht bald besser wird, verdirbst du mir glatt noch den Spaß an meinen Geschäften, Schatz“, wandte sie sich zwischendurch unwirsch an Len. Und es kam nun auch heraus, wann sie ihn immer mit Schatz betitelte! Entweder, wenn sie sauer auf ihn/die Situation war, sie beide ruhige Momente hatten, oder wenn sie das ‚Darling‘ schon zu oft verwendet hatte.
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BeitragThema: Re: Gassengewirr   Gassengewirr I_icon_minitimeDi 13 Sep 2011, 18:26

„Das nicht direkt“, erwiderte Len mit einem geheimnisvollen Lächeln, das eigentlich mehr an ihn selbst, als an die umgebene Umwelt gerichtet war. Er hatte sich eben gefreut, was einzig und allein an der Tatsache gelegen hatte, ihr eins reinwürgen zu können. Leute wie er, die dann auch noch in ihrem sonst eigentlich unantastbaren Stolz angegriffen wurden, konnten sich eben selbst an solchen Dingen äußerst erheitern. Das Leben war hart, weswegen er ihr mal nicht sagte, wie sehr er sie und ihre arrogante Art eigentlich gehasst hatte – oder hasste? Jedenfalls, was ihr Getue anging… Schwierig zu sagen, wenn er genau darüber nachdachte -, bevor es noch zu einem blöden, sinnlosen Streit kam. Er hatte jetzt genug zu tun, und zwar damit, seinen Verstand beisammen zu halten und nicht vor lauter unwohlen Gefühlen, Yoko würde es Paranoia nennen, das Heil in der Flucht zu suchen.
Ihr Lächeln erwärmte sein Herz und es war zur Abwechslung mal etwas Nettes. Im Moment pochte es nur schnell und untermalte somit durch rauschendes Blut in den Ohren musikalisch, was gerade in ihm vorging. Pure Anspannung, die er nicht so bald loswerden würde, was sich aber jeder denken konnte. Ein Kopfschütteln hatte er für sie übrig, schließlich hatte er ihr doch gesagt, er würde mit ihr gehen! Was sollte er da mit dem Schlüssel? Er konnte sich gut vorstellen, dass irgendwer es wagte, ihn stehlen zu wollen und in der Hektik ging er vielleicht verloren und – halt. Man sollte sich nicht noch verrückter machen, als man sowieso schon war. Deswegen und weil es nicht mehr viel gute Luft gab, atmete Len noch einmal tief durch und verschwand aus dem ordentlichen Leben der normalen Bürger, um Teil eines dreckigen Systems zu werden, das er noch mehr verachtete, als alles andere auf der Welt. Vielleicht konnte seine Vergangenheit noch damit mithalten, aber er wollte sich nicht an Kleinigkeiten aufhängen.
Kaum, dass der dreiste und herzhaft dumme Angreifer ächzend am Boden lag, wandte Len sich halb zu Yoko um und blinzelte sie fragend an. „Ich habe dir etwas verheimlicht?“ Im Augenblick war er weiterhin viel zu sehr auf den Gedanken fixiert, demnächst in diese vermaledeite Pinte zu müssen, in welcher er sich sicherlich irgendeinen Grippevirus einfing und dann tagelang keuchend herumlaufen musste! Nicht, dass es im Hotel stören würde, aber seine Liebste wollte er schon gar nicht anstecken und ihr damit auf den Nerv fallen, krank zu sein, oder zumindest angeschlagen. Sein Immunsystem war sowieso recht abgehärtet.
Midori lenkte ihn so sehr ab, dass er erst wieder den Kopf hob, als ein erbarmungswürdiger Ton aus der Kehle des Mannes drang, den er gedanklich schon wieder vollkommen verdrängt hatte, schließlich hatte es weitaus wichtigere Gedanken gegeben… Er war so zerstreut! Gar nicht gut. Gar nicht gut. Er warf dem leidenden Kerl einen Blick zu und begutachtete stirnrunzelnd Yokos Schuh, der sich unsanft in den Körper des am Boden Liegenden bohrte.
„Ah… Und das wolltest du mal mit mir machen. Erstaunlich“, brummte er. Im Nachhinein fiel ihm auf, dass Midori später seinen Tonfall bei dem entzückenden Wort ‚erstaunlich‘ nachgeahmt hatte. Vermutlich, um ihn zu ärgern, warum auch nicht? Nur dass es wie an einer schützenden Glasscheibe abgeprallt war, die in vielen Meilen Entfernung stand, sodass der Schall seine Zeit brauchte, um ihn zu erreichen. Schicksalsergeben seufzte er einfach auf und nahm hin, dass Yoko anscheinend sauer war. „Jup. Ich spreche dagegen und vielleicht deine Gesundheit – sonst könnt ihr im Jenseits Poker spielen und darauf warten, dass ich in vielen Jahren dazu stoße und euch wieder einen Grund gebe, euch bis in die kleinste Faser zu hassen und zu zoffen. Mädels, ihr seid kindisch.“ Len schnaubte einmal auf und verschränkte vielsagend die Arme vor der Brust. Er hoffte, dass er die Beiden wenigstens ein bisschen wachgerüttelt hatte, daran glauben konnte er ja irgendwie nicht. Midori war eben von Natur aus ein wenig … nennen wir es frech und vorlaut. Und Yoko war streit- und blutsüchtig. War ja klar, dass es wieder Streit gab, wenn er dann auch noch zu Beiden ein freundschaftliches (oder mehr) Verhältnis pflegte. Vielleicht sollte er die Nukenin neben sich bitten, das kleine Mädchen leben zu lassen, wo er doch sonst so wenige Freunde und Verbündete in der Welt hatte – aber wie hoch war die Wahrscheinlichkeit, dass sie dadurch besänftigt und nicht etwa einfach nur weiter angestachelt wurde?
Ein Glück für Midori und ihn, dass es einen anderen, weniger glücklichen Beteiligten gab, an welchem Yoko fürs Erste ihre Wut auslassen konnte. Ein wenig tat der Kerl ihm ja leid, aber im Endeffekt hatten es Verbrecher nicht sonderlich verdient, besser behandelt zu werden, auch wenn Len es sich persönlich auch wünschte, nicht wie so ein Stück wertlosen Drecks behandelt zu werden, auch, wenn er ebenso kriminell war, wie der Kerl – vielleicht sogar noch ein wenig mehr.
Midori ließ sich übrigens nicht von Yokos Ton oder Worten verunsichern, sondern sah weiterhin relativ gelassen und mehr als aufgedreht und fröhlich zu der Älteren auf. Ein Schulterzucken – mehr gab es auf ihre Worte nicht. Das Straßenkind hatte seine Meinung wahrscheinlich noch nicht großartiger über ihr neues Gegenüber genändert, höchstens die Tatsache, dass ausgerechnet Len sie wegen ihr auf Drogen ansprach, könnte ein Indiz sein, dass die Andere eben doch nicht einfach nur irgendein dahergelaufenes Flittchen war – was er so unterstreichen konnte.
Sie war wohl noch an die weitere, zwanzig Schritt vorangekommen, als Midori sich umdrehte und mit den Armen winkend signalisierte, dass Folgen eine schöne Aktivität sein konnte, wenn man das erwünschte Ziel noch erreichen wollte, bevor selbst einer Dame der Bart bis zu den Knöcheln heruntergewachsen war. Ebenso wunderschön hatte sie es formuliert und Len fühlte sich ein wenig an die Situationen erinnert, in welchen Yoko ihn immer wieder und wirklich ausdauernd als ‚langsam‘ bezeichnet hatte. Ein wenig empört war er ja schon…, aber was sollte man tun? Für seine Freundin tat er doch alles! Selbst, wenn es bedeutete, ein weiteres Mal den Stolz herunterzuschlucken und sich mit vor Scham geröteten Wangen erneut ins Unglück zu stürzen, das den Namen ‚Rattenloch‘ trug.
Len zuckte zusammen, als ebendiese ihm dann aber so dermaßen in den Rücken fiel und ihn anfuhr, als wäre er derjenige, der daran Schuld war, dass Midori noch nie etwas von Manieren gehört hatte. Was konnte er denn dafür? Außerdem – er wollte doch nur helfen! Aber anstatt etwas Böses zurück zu knurren, biss er sich lieber auf die Lippen und warf ihr einen warnenden Blick zu. Hier in den Gassen gab es schon mehr Feinde, als für einen gesund war, da brauchte man sich nicht auch noch mit seinen Verbündeten anlegen.
Midori trabte zu ihnen zurück, um sich wieder mit ihnen unterhalten zu können, aber der Ansatz wurde im Keim erstickt, als Len einfach nur schwieg wie ein Grab. Sie hatte wieder auf Akio angespielt. Darauf, wie lustig es werden würde, wenn sie sich wieder sahen. Eine ganz nette, kleine Party – so hatte sie es formuliert. Wenn man es sich aber recht überlegte – konnte sogar so ausfallen…
Schließlich standen sie vor einem heruntergekommenen, schrägen Häuslein, die Fenster mit Brettern vernagelt, die Tür hing schief in den Angeln und hatte ein beträchtliches Loch in Kopfhöhe. Manchmal prügelten sich die Leute dort drinnen – freilich nicht nur Akio, der Streit mit ihm suchte! – und dann ging eben etwas zu Bruch. Ein Hoch auf die vielen Dachziegel, die bei lauen Lüftchen vom Dach geweht wurden. Ein paar dieser unglückseligen Steine lagen zerschellt auf dem verschmutzten Weg direkt an der Taverne. Eine in den Boden eingetrampelte Zeitung diente wohl als Willkommensfußmatte. Individuell. Innovativ.
Gedämpfter Lärm drang zu ihnen auf die Straße, wenige Leute unterhielten sich. Midori verbeugte sich galant und ließ Len den Vortritt, der mit einem mulmigen Gefühl die quietschenden Tür aufschob. So eine Begrüßung hatte er lange nicht erlebt! Sofort musste er sich unter Akios geballter Faust hinwegducken, der zu einem netten, rechten Haken angesetzt hatte. Die Unglückselige in diesem Fall war Midori, die es nicht nur von den Füßen riss, sondern auch noch gut zwei Meter zurück in die Gasse katapultierte.
Len lachte trocken und tätschelte Akio das breite Kreuz, denn er war schon an ihm vorbeigeschlüpft, während er ungläubig und bereuend zu der sich benommen am Boden windenden Dealer-Kollegin starrte. Myura seufzte geräuschvoll, begrüßte ihn aber, wie jeden anderen, gern gesehenen Gast mit einem Handschlag, kaum dass er sich gegen die klebrige Theke gelehnt hatte. Ihm schoss der Gedanke durch den Kopf, dass Handschuhe cool gewesen wären – aber jetzt war es sowieso schon zu spät. Ein Blick schweifte zu einer brandneuen Tafel, die hinter Myura an der Wand hing – aber nirgendwo war Kreide in Sicht. Außergewöhnlich waren dafür ein mit Krallen besetzter Handschuh, der daneben hing und die paar Kratzspuren, die auf der dunkelgrünen, kleinen Schultafel zu sehen waren. Sofort erhellte sich Lens Miene. „Du hast endlich eine Möglichkeit gefunden, dem Treiben Einhalt zu gebieten!“, rief er begeistert über den Lärm und das Lachen hinweg und beglückwünschte den Besitzer der Pinte für seinen Einfallsreichtum. Mit vor Stolz geschwellter Brust und sich unheimlich wichtig vorkommend, nickte Myura natürlich und sah dann zur Tür herüber, wo Akio, auf niemand anderen achtend, als auf die kleine Midori, das Mädchen wieder auf die Beine zog und sich lautstark dafür entschuldigte, ihr das hübsche Veilchen geschlagen zu haben. Sie rieb sich nur den Schädel.
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BeitragThema: Re: Gassengewirr   Gassengewirr I_icon_minitimeMi 14 Sep 2011, 17:31

„So so. Aber indirekt“, spekulierte sie mit einem Grinsen. – Worum ging es gleich noch wieder? Vom Freuen und Zweifeln seinerseits bei seinem ersten Sieg – genau! Wie sie schon wieder vom Thema abgekommen waren…
Doch nahm das Gespräch und die Umgebung nun etwas ganz anderes an. „Was du mir verheimlicht hast – das musst du wirklich noch fragen? Dass du dich in so einer schmuddeligen Gasse auskennst natürlich! Und so einen Trick drauf hast“, erklärte sie ihm schulterzuckend. War ja auch nicht groß schlimm. Dass er sich in so einem Mileu auskannte, war sogar ganz erfreulich! Und so ein Trick… nun, sie hatten bisher noch nicht auf diese Art und Weise gegeneinander gekämpft. Also war es nur normal, dass sie es nicht wusste, dass er auch etwas auf so einer Ebene draufhatte. Doch so ganz und gar nicht erfreulich war die Tatsache mit dem Mädchen hier. Wie die beiden miteinander umgingen. Viel zu vertraut – das mochte sie einfach nicht, wo sie so ganz und gar immer von Eifersucht durchtränkt war. „Hm?“, fragte sie verwirrt nach, als Len etwas brummte. Sie tat es ja nicht allzu bewusst diesem Mann Schmerzen zuzufügen. Sie musste gerade nur irgendwie ihre gestaute Wut zurückdrängen, um nicht in der nächsten Sekunde auf dieses Mädchen loszuspringen. Vor allem, weil Len ja dagegen war. Aaalso versuchte sie brav zu bleiben – selbst wenn es ihr noch so schwer fiel. „Um meine Gesundheit brauchst du dich nicht zu sorgen. Hab genügend Mittel sie aufzupeppen, wenn ich darf.“ Nur auf das mit dem kindisch sein brummte die Utsukushi etwas, was sich danach anhörte, dass sie es gerne sei, wenn es um ihn ging. Außerdem, wenn ihr Körper schon nicht jung geblieben war, musste eben ihr Geist herhalten, damit sie gleichalt waren (haha…Len als zerfallener Opa).
Irritiert legte Yoko den Kopf bei den Worten Midoris schräg. Ihr würde schon kein Bart wachsen nur, weil sie keine Lust hatte großartig nah bei diesem Etwas zu sein. Aber sie war ein braver Hund und dackelte ihrem Herr und Gebieter Len hinterher. Auf ihren Vorwurf ging er nicht groß ein. Vielleicht auch besser so. Genervt stieß sie lautstark die Luft aus. Hielt diese dann aber wenige Sekunden an, da ihr gerade fast wieder etwas eingefallen wäre. Diese Gedanken wurden aber wieder verdrängt, als der grüne Flummi zu ihnen zurückkam und wie ein Wasserfall quasselte. Len ignorierte sie, also tat Yoko es ihm gleich. Was hätte sie auch schon darauf erwidern können? Sie kannte Akio nicht und schon gar nicht wusste sie, was damals mal passiert sein musste. Stattdessen sah sie angestrengt nach vorn und kratzte sich am Hinterkopf. Sie wollte doch irgendetwas Wichtiges denken… da war sie sich ganz, ganz sicher! Aber es wollte ihr einfach nicht einfallen. Wird wohl doch nicht so wichtig gewesen sein.
Nach einer Weile standen alle drei vor einem heruntergekommenen Häuschen. Ganz schnuckelig, wie sie so fand. Recht üblich für die Verhältnisse hier, selbst wenn sich oftmals dahinter wahre Perlen versteckten! Das würde sich ja gleich noch zeigen und etwas anderes, das ihr ein breites Grinsen auf die Lippen zierte. Ein Fremder schlug nett das dumme Mädchen! Darüber musste sich Yoko einfach nur freuen. Sie sah noch kurz zu – schade, dass er sich entschuldigte – und sie folgte Len in die nette Stube. Oder weniger nett. Sie kannte hübschere Sachen bei den wirklich hohen Tieren. Len zu finden war nicht großartig schwer. Seine Haare stachen auch einfach jedem entgegen in so einem Ort und er war ja gleich am Anfang an den Tresen geblieben. Schließlich ging sie zu ihm rüber mit einem knappen Meter Abstand, ums ich auf einen der lädierten Barhocker zu setzen. Beine überschlagen, Ellbogen abgestützt und den Kopf in die Hand gelegt. Bevor sie anfing hier irgendjemand zu fragen, wer denn Akio war, wartete sie heute lieber mal, bis man es ihr schon offenbaren würde. Immerhin war es hier auch recht laut, dass es kaum Sinn hatte ein Gespräch über so etwas anzufangen.
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BeitragThema: Re: Gassengewirr   Gassengewirr I_icon_minitimeMi 14 Sep 2011, 19:32

„Nicht wirklich.“ Was im Endeffekt sogar keine Lüge, sondern nichts als die blanke Wahrheit war, was man ihm auch eindeutig ansehen konnte. Schließlich lächelte er einfach nur schmal und hatte nicht etwa ein breites Grinsen auf den Lippen, so wie die Grinsekatze aus Alice im Wunderland. Nun ja und man könnte es in seinen Augen lesen, wenn man es denn wollte – aber das war bei diesen Lichtverhältnissen nun auch nicht die einfachste Sache der Welt.
„Mh…“, gab er nur als Antwort zurück und warf noch einen prüfenden Blick zu dem nicht gerade hochintelligenten Angreifer, der zu seinen Füßen im Staub und Dreck der modrigen Gassen lag. Hatte einen leidenden, aber eher weit vom Geschehen entfernten Gesichtsausdruck aufgelegt. War wohl hart mit dem Kopf aufgeschlagen und kämpfte nun um etwas, was wohl dem Zustand von Besinnung zumindest nahe kam. Vielleicht hätte er ihr wirklich etwas davon erzählen sollen, schoss es ihm durch den Brägen, aber so flüchtig, wie ein Windhauch, so war der Gedanke auch schon wieder fortgewischt, jetzt wusste sie es ja und außerdem hatte er andere Probleme. Zum Beispiel, wie er sein Lieblingsmädchen am Leben erhielt und ein grünes, persistentes Ding – ja, das sollte ebenfalls wenn möglich am Leben bleiben, wenn es sich denn irgendwie mit Yokos Willen vereinbaren ließ. So, wie Midori im Moment aussah, fahlgesichtig und mit tiefen Schatten unter den Augen, sowie dem übertriebenen Grinsen, würde die sowieso nicht mehr lange machen. Im Gegensatz zu Yoko sah man dem Kind zumindest an, dass sie tiefer im Drogensumpf und in der Armut hing, als ein Otto-Normal-Drogenjunkie- und Dealer.
Len winkte ab, kaum dass sein Herzblatt irritiert nachhakte, was er denn so sagte, wirklich interessant und relevant war es ja immerhin nicht sonderlich. Es gab Besseres zu tun, wie er jetzt zum wiederholten Male feststellte. Einmal atmete er tief ein und aus – hier war der Gestank etwas angeschwollen. Lag wohl an der Schnapsleiche zu ihren Füßen, die nun gurgelnd Mageninhalt loswerden wollte. Vielleicht war der Kerl auch gar nicht betrunken gewesen, sondern hatte einfach nur zu sehr von Yoko einstecken müssen. Gut, auf jeden Fall wich unser Blondschopf einen weiten Schritt zur Seite aus, bevor er noch ein paar Klümpchen und Spritzer abbekam. „Dürfen tust du alles…“, murmelte er und zuckte mit den Schultern. Er als Minderjähriger sollte ja mal nicht so sein und einer fünf Jahre älteren Person etwas vorschreiben wollen, wäre ja irgendwo nicht Sinn der Sache. Außerdem hatte er genug eigene Dinge, mit denen er sich beschäftigen musste – halt, halt. Er wurde wieder viel zu nervös und zerstreut. Er dachte in die falsche Richtung und schüttelte den Kopf. „Aber um deine Gesundheit sorge ich mich trotzdem.“ Immerhin war es nicht er gewesen, der bewusstlos im Fieberschlaf auf dem Dach gelegen und mit dem Tod gerungen hatte, vielleicht aber auch mit dem Leben, das einen mit geifernden Fängen gefangen halten wollte. Tja, das Leben war – wie schon oft gesagt – äußerst hart und nie sonderlich zart zu einem, es sei denn man hatte noch mehr Glück, als Yoko für sich beanspruchte.
Die Situation wurde haarsträubender und angespannter, je länger sie unterwegs waren. Keiner sagte ein Wort – gut, bis auf Midori, die reden konnte, als hätte sie zu viel Sabbelwasser getrunken und müsste es nun über verbale Kommunikation wieder abbauen (was irgendwo logisch ist…). Aber Midori zählte nicht, Midori war ein einfaches, verlaustes und manierloses Straßenkind, das ohne vernünftige Kleidung und ohne einen begabten Friseur aufgewachsen war und sich somit hinter einer dicken Mauer aus tausenden verschiedenen Drogen verstecken musste, die ihr mittlerweile so ziemlich den gesunden Menschenverstand vernebelt hatten. Aber wer brauchte schon Verstand, wenn man sowieso schon auf der Schneide des Todes herumtanzte?
Ihm wurde noch flauer, als er das Rattenloch schließlich vor sich sah und auch noch als Erster eintreten musste. Das Gute an der Sache war, dass ihn sein Gefühl noch nie wirklich betrogen hatte, sodass er tatsächlich auf eine derartige ‚Überraschung‘ am Eingang vorbereitet gewesen war. Sowohl ein paar Leute im Inneren, als auch Yoko schienen äußerst amüsiert über die Wendung in diesem Fall, aber zumindest die Betrunkenen ließen sich schnell von anderen Dingen ablenken, da ihre Konzentrationsspanne auf ein Minimum herabgesunken war. Er selbst entschied sich für einen kleinen Plausch mit Myura, dem Besitzer der Spielunke und tat Kund, dass sowohl die Zustände, als auch die Besucher in diesem Häuschen immer mittelalterlicher wurden. Nicht, dass es hier jemals sonderlich besser ausgesehen hatte, aber er hatte das Gefühl, dass der Durchschnitt von Intelligenzquotient immer um mindestens hundert Punkte gehoben wurde, wenn er die Schwelle übertrat, was wirklich gegen diese Idioten hier sprach.
Akio half Midori auf und hob sie kurzerhand hoch, war bei ihrem Gewicht sicherlich nicht eine Aufgabe, die den Hünen überfordern sollte, um sie ebenfalls auf einem Barhocker abzusetzen, während er mit schlichtem Wortschatz nach einem Eisbeutel brüllte. Myura ließ sich das nicht zweimal zubrüllen und war deswegen für einen Moment hinter den Tresen abgetaucht, um nach relativ guten Dingen zu suchen, die man umfunktionieren konnte. Am Ende hatte er eine Frischhaltetüte und ein paar Eiswürfel gefunden, die er dem Kerl aushändigte, der sich Midori wieder äußerst unsanft packte – war sicher nicht seine Absicht, er mochte die Kleine, wie eigentlich jeden, der Drogen nicht bis aufs Blut verabscheute –, worauf sie einen ächzenden Laut von sich gab. Schließlich wurde sie auf einer Sitzbank drapiert und presste sich das kühlende Etwas auf das blau geschlagene Auge. Im Moment war sie noch zu bedröppelt, um irgendjemandem Vorwürfe zu machen. Anscheinend hatte es sie ähnlich schwer erwischt, wie den Typen, der vorhin blöd genug gewesen war, um sie anzugreifen.
Als Akio sicher war, dass es dem kleinen Mädel einigermaßen gut ging, beziehungsweise, dass sie versorgt war, fiel ihm wohl ein, dass er ja unfreundlich zu Len sein wollte, der dem Riesen gelassen entgegen sah, lässig und unbeeindruckt gegen die Theke gelehnt. Myura ging ein paar Schritt zurück und zog sich verstohlen den Krallenhandschuh über die Finger.
„Was bist du nur für ein erbarmungswürdiger, dreckiger Hund, du kleine Ratte?“ Es war wohl eher eine rhetorische Frage, aber über die Auswahl von Worten in seinem beschränkten Wortschatz ließ sich nun einmal streiten. Aber eines muss man zu seiner Verteidigung sagen! Zumindest hatte er nicht versucht, zwei Beleidigungen sinnlos zu kombinieren (zwei Tierbeschimpfungen!), sondern hatte einfach nur eine weit gefehlte, unpassende und verabscheuungswürdige Betitelung für Lens Beruf benutzt (Ratte!), die ja augenscheinlich für Spitzel diente. Aber wer sollte es ihm verübeln? Wer sich intellektuell mit Toastbrot battlen konnte, dem sollte man es nicht vorwerfen.
Mit seinen hellblauen, wässrigen Augen fixierte der Schrank von einem Mann den wesentlich kleineren und weniger stabil gebauten Len. Er selbst bezeichnete es als herausgeschnaubten Pesthauch des Todes, der genauso gut auch aus dem Hinterteil eines leprakranken Elefanten ausgestoßen werden könnte, der ihm entgegen schlug - andere Beobachter würden es lediglich als Akios Atem bezeichnen, den er auf seinen Wangen fühlen konnte. Während es bei trauter Zweisamkeit mit einem Mädel – vorzugsweise Yoko – herrlich sein konnte, so war das nun weniger außerordentlich romantisch, sondern eher eine simple Vorstufe zu Folter. Len müsste ihm mal ans Herz legen, eine ganz innovative Technik auszuprobieren – das Zähneputzen. Aber erst später, jetzt galt es, etwas für das Weibchen zu tun, das man so liebend gern umgarnte.
„Warte mal!“, rief Len, wie von plötzlicher Panik befallen, als wäre ihm gerade klar geworden, dass er ja doch eher ein Hasenfuß, anstatt ordentlich tapfer war. Sein Gegenüber war tatsächlich für den Bruchteil eines Herzschlags überrascht, aber das reichte, um den Meter zu Yoko herüber zu huschen und nach einer ihrer Hände zu greifen. Er drückte sie sanft und mit einem Lächeln. Sie war ja sowieso schon eher übellaunig, aber wenn er sich jetzt mit einem wesentlich Größeren anlegte, so würde das sicher den Tiefpunkt ihrer Stimmungskurve bedeuten, da hieß es: Vorsorge ist besser als Nachsorge. Oder so. Auf jeden Fall meinte er reumütig: „Tut mir leid, wenn ich dir den Spaß an deinem Hobby genommen habe… Das war nicht meine Absicht, ehrlich!“ Fatalerweise meinte es todernst. Zwar konnte er nicht sagen, dass er es toll fand, was sie tat, aber er wollte sie ja auch nicht unglücklich machen. Kurz sah er ihr abwartend in die Augen, bevor er sich – aufgrund von einem herzhaft hohen Barhocker – auf die Zehenspitzen stellen musste, um ihr einen flüchtigen Kuss von den Lippen zu rauben und sich schließlich wieder dem Feind zuzuwenden. Schon als er den wutschnaubenden Kerl erblickte, wusste er, dass das eindeutig die falsche Entscheidung war, aber er steckte nur die Hände in die Hosentaschen und sagte:
„So, mein lieber Akio. Ich will keinen Streit, sondern lediglich mit dir reden. Okay, eigentlich würde ich lieber den Staub von den Straßen lecken, als mich mit dir zu unterhalten, aber das weißt du ja. Es geht eher um diese entzückende Dame, die Geschäfte mit dir machen will – da du aber eher damit beschäftigt sein wirst, mich zu beleidigen, solange du deine Genugtuung nicht erhalten hast, bin ich jetzt mal so frei und lass dich Rache nehmen für all die bösen Worte, die deiner armen, zarten Seele geschadet hatten.“
Vom Wortschwall erschlagen – Akio kannte Len nur sehr einsilbig, weil dieser einfach kein Wort mit ihm wechseln wollte –, schwieg der Riese erst einmal, bevor er die Knöcheln knacken ließ und ehe Len sich versah, da lag er auch schon auf den Knien und rang kurz nach Atem. Das war ein wirklich harter, harter Schlag gewesen, aber bis auf einen fetten, blauen Fleck würde es sicher nichts sein. Er war also viel besser weggekommen, als beim letzten Mal! Und siehe da, als er aufsah, sich schwer atmend den geschundenen Bauch haltend, musste er grinsen. Akio lächelte. Akio lächelte sonst nur, wenn er höchstzugedröhnt war und mit Midori sprach. Er reichte ihm sogar die Hand! Zwar war ihm das nicht sonderlich geheuer, aber alles war besser, als sich noch einmal mit ihm anlegen zu müssen. Der Kerl zog ihn mit Leichtigkeit wieder auf die Füße – und im Hintergrund setzte wieder Gesabbel ein, das für einen Augenblick verstummt war.
„So, Yoko. Weg ist frei! Hab mich lieb ♥ !“, sagte er fröhlich und suchte sich einen Stuhl in der Nähe, um sich auf diesen plumpsen zu lassen. Aus Midoris Ecke dröhnte Gelächter. Sie rief etwas wie: ‚Willkommen bei den Invaliden‘, aber er gab nichts auf ihr Wort. Er war stolz auf sich, dass er sich selbst vergessen hatte, um alle Hindernisse aus dem Weg räumen zu können! Akio wäre niemals auf die Idee gekommen, etwas anderes zu tun, als Stühle und Beschimpfungen nach ihm zu werfen, doch jetzt war er friedlich wie ein kleines Lämmchen und widmete sich mit Freuden Yoko. So dumm schien er nicht zu sein, immerhin hatte er es geschafft, sich zu merken, um wen sich die ganze Sache drehte.
Myura brachte ihm unterdessen eine Thermoskanne, die sogar verdächtig sauber aussah, die mit dampfendem, roten Tee gefüllt war. Aus seinen Privatvorräten, die er sich täglich von zuhause mitbrachte! Na da freute sich Len aber. Er mochte Tee nicht sonderlich, aber wenn er sich nicht mehr fühlte, als müsse er gleich alle seine Organe auskotzen, würde er sich sicherlich ein Tässchen genehmigen.
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BeitragThema: Re: Gassengewirr   Gassengewirr I_icon_minitimeDo 15 Sep 2011, 18:12

Yoko tat das Thema mit einem Schulterzucken ab. Es war ja doch einfach nur veraltet und es zählte nur, dass sie nun glücklich zusammen waren! ♥ - Mehr oder weniger. Denn gerade eben war sie nicht sonderlich glücklich mit der Tatsache, dass Len schon wieder so ein junges Mädchen kannte. Wieso kannte er aber auch nur so junge Mädchen?! Warum konnten es keine Kerle sein?! Das würde so einiges einfacher machen, wie sie fand. Immerhin hatte er Homophobie! Da müsste sich die Utsukushi also keine Sorgen machen – egal, wie alt dieser Freund wäre. Bei dieser Begegnung musste letztendlich der Kerl zu ihren Füßen herhalten, damit sie nicht noch auf Midori losgegangen wäre, oder gar Len! Ganz sicher war sie sich gerade nicht, ob sie ihm sonst noch etwas angetan hätte – was sie mehr als nur entsetzte. Merklich irritiert verzog sie für einen Bruchteil einer Sekunde ihr Gesicht. Wie konnte sie nur überhaupt daran denken, ihm möglicherweise wieder etwas anzutun? D-Das ging nicht. Das durfte sie einfach nicht! Sie liebte ihn doch überalles – was wohl das Problem war. Bevor irgendjemand anderes ihn bekäme, würde sie wohl Amok laufen. Ironie des Schicksals. Sie biss sich auf die Unterlippe und nickte verspätet auf seine Antworten. Sie würde schon nichts tun… sie musste sich einfach unter Kontrolle halten.
Nun ‚erfüllte‘ ihr aber glatt dieser fremde Kerl ihr den Wunsch dem Mädchen weh zu tun. Da konnte ihr Liebster ja nichts dagegen sagen, wenn sie sich nur darüber freute wie ein Honigkuchenpferd. Doch ewig anhalten tat dies auch nicht. Immerhin langweilte sich Yoko nun zu Tode. Der Mann war zu freundlich zu dem quirligen Ding und Len quatschte mit demjenigen, dem die Hütte zu gehören schien. Also hieß es sich auf dem Hocker so gut es ging bequem zu machen, die Beine baumeln zu lassen und in Gedanken ein Liedchen zu singen. Sie stoppte darin erst, als der Fremde auf ihren Len losging. Oder ihn einfach nur beschimpfte. Da legte Yoko sogar die Hände erst feini in den Schoß, um aufmerksam aufpassen zu können, was sie noch tun und sprechen würden. Und… Len ergriff die Flucht? Abwartend, was er vorhatte, legte sie ihren Kopf schräg und musste glatt auch wieder wirklich Lächeln, als sie seine Hand so spürte. Immerhin wollte er nun Körperkontakt meiden u-und das letzte Mal war ja noch, bevor sie hier in diese Gassen gekommen waren. Und dann hatte auch noch einfach dieses grüne Etwas ihn umarmt. Da wurde sie schon neidisch, doch durfte sie nun seine Hand halten. Strich mit dem Daumen einmal über ihn. „Weiß ich… eigentlich“, gestand die junge Frau. Es ergab ja gar keinen Sinn, dass er das mit Absicht tat. Er war ja nicht gerne an solchen Orten. Und vorhin ging es ja auch um irgendeine Information. Und, dass das sein Beruf war, wusste sie inzwischen auch. Selbst wenn der Kuss noch so flüchtig kurz war, durchströmte sie trotzallem ein unglaublich glückliches Gefühl in ihrem Körper. Trotz allem nahm sie sich vor ihm das von vorhin noch zu beichten. Er musste schließlich wissen woran er bei ihr war.
Da hatte sie den Kerl von vorhin schon ganz vergessen, als sich Len plötzlich wieder mit ihm unterhielt. Oder eben eine Selbstunterhaltung führte. Und fast hatte sie es sich schon gedacht, dass das Akio sein musste. Es hieß ja, dass sie sich nicht ausstehen konnten und so weiter und so fort. Aber damit hatte sie nun doch nicht gerechnet. Len gab ihm einfach einen Freifahrtsschein für eine Tracht Prügel, die er selbst beziehen wollte. Da schnappte sie schon noch Luft. War drauf und dran Len aufzuhelfen, oder wahlweise auch Akio persönlich fertig zu machen - selbst auf die Gefahr hin die heißersehnte Droge nicht zu erhalten. Also richtete sie auch schon wieder ihre Füße, um eingreifen zu können, aber es schien vorbei zu sein. Die angestaute Wut, war aus ihm gewichen, wie, wenn man einen Luftballon aufplatzen ließ. Dass Len da aber noch so fröhlich sein konnte verstand sie nicht ganz. Der Schlag schien fest gewesen zu sein. Aber sie wollte ihm seine Laune nicht mit ihren Sorgen vermiesen, weshalb sie ihm ein zaghaftes Lächeln schenkte und ganz genau beobachtete, wo er hinging. Ob es ihm auch gut ging und formte mit den Lippen das Wort 'Immer'.
Trotz allem hatte sie keine Lust noch ewig hier zu sein, wenn er Schmerzen hatte. Also fiel sie mal mit der Tür ins Haus und legte die Karten klar auf dem Tisch, was sie von dem Schrank denn haben wollte. Oder fast, denn ihr fiel gerade auf, dass sie sich nicht mehr unter einem anderen Namen ausgeben konnte, da Len sie bereits Yoko genannt hatte. War immer wieder noch komisch für sie. Vor allem, wenn sie wie hier unter Leuten waren. Da kroch in ihr diese gewisse Paranoia auf, die wie ein Keim in ihr war und jedes Mal neu Wurzeln und Äste schlug. „Ich will ‚Ingrid‘ haben und so viel ich weiß, sollst du es haben, Schätzchen.“ Sie nannte wohl jeden immer Schätzchen, den sie noch nicht kannte, oder nicht leiden konnte. Gewohnheit eben.
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BeitragThema: Re: Gassengewirr   Gassengewirr I_icon_minitimeDo 15 Sep 2011, 18:56

Da Yoko nichts mehr sagen wollte, sagte er auch nichts, konzentrierte sich lieber darauf, zwischen den vielen Abzweigungen die richtigen zu finden, die sie auch ans Ziel führen würden. Er hatte eben ein gutes Gedächtnis, sodass sie sich glücklicherweise nicht verliefen, bis sie schließlich auf Midori trafen, die dann auch glatt die Führung übernahm. Zwischenzeitlich erzählte sie etwas darüber, dass die Nachfrage, was illegale Rauschmittel anging, sichtlich gestiegen war, hier in Kumogakure. Immer mehr Leute gaben sich abends, oder wahlweise auch schon zur Vorsorge am frühen Morgen, die Kante, um dem fiesen Arbeitsalltag hier zu entfliehen. Alles lag am Raikage. Ein sichtlich cholerischer Mensch, der alle zwei Tage die Wand neben der Tür, seinen Schreibtisch, oder eines seiner Fenster in Schutt und Asche legte. Manche wollten einen Amtswechsel, andere sagten, es wäre besser, ihn zu behalten, da er die ganzen Großmächte abschreckte. Warum sonst sollte man sogar schon Shinobi geschenkt bekommen? Bei dieser Information duckte sich Len ein wenig, als würde er jederzeit einen Schlag von Kaori auf den Hinterkopf erhalten. Das machte sie gern, wenn sie ihn für frech oder blöd befunden hatte. Midori kicherte und wisperte ihm zu, dass das Mädel die Stadt für ein paar Tage verlassen hatte und er vorerst sicher war. Sie wusste ja nicht, wie lange er vorhatte, hier zu bleiben.
Innerhalb des Rattenloches kam es zum ersten gewaltsamen Zwischenfall – und alle schienen sich aufs Äußerste zu amüsieren. Auch Len hatte gelacht, aber eher bitter, schließlich war der Schlag ja für ihn gewesen – und Feigling wie er war, hatte er ihn auf Midori abgewälzt. Obwohl, konnte man es ihm denn vorwerfen? Wer bekam schon gern einen Schlag mitten ins Gesicht, und wenn man es kommen sah… Außerdem hätte er ja nicht ahnen können, dass das Straßenmädchen direkt hinter ihm stand und somit den Schwinger mit ihrem Auge abfangen musste. Na immerhin hatte es nicht Yoko erwischt, sonst hätte es mächtig Ärger gegeben.
Aus dem Augenwinkel bemerkte Len natürlich, dass sich ihre Haltung auf ihrem Barhocker ein wenig veränderte. Aber sie hatte ja gesagt, sie würde auf ihn aufpassen. Das galt anscheinend auch, wenn ein Typ, der mindestens fünfunddreißig Zentimeter größer war als sie, auf ihn losgehen wollte. Nun ja, aber es war ja alles in Ordnung, denn Verstand besiegte ausschließlich immer die pure Muskelkraft. Okay, jedenfalls sehr oft. Hmpf, dachte er sich, kaum dass er ihre Hand ergriffen hatte, aber das Lächeln verschwand nicht von seinen Lippen. Die Sache mit Midori hatte sie ja echt mitgenommen. Das musste er irgendwie wieder gut machen, fragte sich nur wie… Doch der Tag war ja noch jung, ihm würde sicherlich irgendetwas einfallen.
„Ja? Sei mir nicht mehr böse, okay? Falls ich jetzt sterbe, will ich nicht, dass du böse auf mich bist.“ Er zwinkerte ihr verschwörerisch zu, gab ihr erwähnten Kuss und wandte sich dann seinem Erzfeind zu, wenn man es so nennen wollte. Es gab tausende von Leuten, die ihn am liebsten unter der Erde sehen wollten, aber die wussten nicht, wer er war. Akio war die einzige Gestalt, die wusste, wer er war, um ihn dann auch umnieten zu können, aber das war jetzt gar nicht so wichtig. Er musste jetzt das, was er vergeigt hatte, gerade biegen. Er hätte nämlich gehen sollen, dann hätte Yoko gar keine Scherereien mit dem Typen gehabt… beziehungsweise es hätte keine Hindernisse gegeben. So bitter es klang – er war das einzige Hindernis! Ein Selbstopfer war also angemessen.
Nach seiner kleinen Rede hörte er nur sein Mädchen im Hintergrund geräuschvoll einatmen, was ihn ja fast schon zum Lächeln brachte, aber angesichts von bevorstehendem Schmerz, konnte er sich nicht ganz so dazu durchringen. Zum Glück war es schnell vorbei – bis auf die Nachwirkungen, die so ein deftiger Schlag in die Magengrube mit sich tragen konnte.
Wirklich fröhlich war er nicht, aber er verzog keine Miene, immerhin hatte er sein Ziel erreicht! Akio war besänftigt und schien bereit, mit Yoko Geschäfte zu machen, demnach hatte er es geschafft, kein Hindernis mehr für ihre ‚Genesung‘ zu sein.
Wie ein nasser Wäschesack war er auf den Stuhl gefallen und hatte den totalen Durchhänger. Weißes Gesicht, flacher Atem, Schmerz – aber immerhin hatte er Tee bekommen. Auch, dass Yoko ihn anscheinend immer lieb hatte, war ihm ein Trost. Er sah zu, wie Akio auf sie zu ging und sie anscheinend sogleich mit ihrem Gespräch begannen. Wirklich hören tat er es nicht, dazu war es hier einfach zu laut, aber er vertraute ihr mal, dass sie das schon alleine gedeichselt bekam und strengte sich an, eine geradere Position einzunehmen, damit er sich der Thermoskanne widmen konnte. Es verbrannte ihm die Zunge, wärmte aber das Innere auf. Schon war ihm weniger übel, doch ganz darauf verlassen wollte er sich dann nicht. Len hasste solche Schmerzen, dumpf und ziehend, wie sie waren. Da konnte er Schnitt-, Kratz- und Beißwunden sehr viel besser ertragen. Gute Sache, dass Yoko ihn nicht verprügelte, wenn ihre sadistische Ader an den Tag kam. Lag wohl daran, dass er eben immer mit Waffen gekämpft hatte, die schnitten und somit eher an solchen Schmerz gewohnt war…
Er merkte kaum, dass Midori sich neben ihn gesetzt hatte und nun neugierig anstarrte.
„Tut’s weh?“, fragte sie mit einem zuckersüßen, scheinheiligen Lächeln und blinzelte unschuldig.
„Soll ich dir dein anderes Auge auch blau schlagen?“, gab er unbeeindruckt und so trocken zurück, während er sie ansah, dass ihr schlagartig das Lächeln aus dem Gesicht gewischt wurde. Voller Unmut presste sie wieder den langsam schmelzenden Eisbeutel an ihr Auge und brummte ein paar unverständliche Worte. Er machte keinen Hehl daraus, dass er sich nicht die Mühe machte, ihr zuzuhören. Stattdessen sah er zu Yoko und Akio und versuchte zu erraten, wie weit sie wohl in ihrem Verkaufsgespräch waren.
„Du magst die ja wirklich“, begann das Mädchen und versuchte, eine Konversation aufzubauen. „Ich hab’s die ganze Zeit vermutet, konnte es aber nicht glauben. Hast ja immer gut schauspielern können, aber dieses Mal erreicht dein Lächeln sogar deine Augen.“
Darüber hatte er sich nun wirklich noch nie Gedanken gemacht. Aber nun schienen wohl alle erraten können, dass er Hals über Kopf verliebt war – nun ja. Die Verletzlich- und Empfindlichkeit musste er wohl in Kauf nehmen, weswegen er nur schicksalsergeben seufzte und erneut aus dem Deckel der Thermoskanne einen Schluck roten Tees nahm. Immer noch ziemlich heiß, aber wohltuend.
„Weißt du, wie Ingrid wirkt?“, stellte sie eine nette Frage, die wohl auch von ihm stammen könnte. Er warf ihr einen bedeutungsschweren Blick zu. Natürlich wusste er das nicht… Woher auch? Souta hatte ja nicht mit ihm geredet. Midori seufzte. „Ich auch nicht wirklich… Akio hat aber bisher noch keinen wiedergesehen.“ Sie sagte es nicht in einem bedauernden Tonfall. Also schloss er, optimistisch, wie er war, dass das Zeug half, Leuten von den Drogen endlich wegzukommen. Er wollte sich nicht ausmalen, dass dieser ‚ungetestete Prototyp‘ wohlmöglich eher das Gegenteil tat, als zu helfen.
„Pass auf dich auf, wenn sie’s nimmt“, flüsterte sie heiser, als wäre sie in Trance und ein sehr wichtiger Seher, der die Show ein wenig spannender gestalten wollte. „Ich mach dir einen guten Preis, aber nur, weil wir Freunde sind und ich keinen Bock hab, dass du zerhäckselt irgendwo herumliegst. Nimm das – und gib mir die Kette dafür zurück.“
Len wollte schon etwas gereizt sagen, dass er auf keinen Fall irgendetwas von dem Zeug nehmen würde – bis er in den durchsichtigen Verpackungen die Chakrapillen wiedererkannte, die Midori auch schon früher an diesem Tag hatte an ihn loswerden wollen. Wenn er sich ausmalte, dass er damit Yoko länger berühren konnte… und sie auch heute Nacht im Arm halten könnte… Da wurde er schwach und schluckte.
„Komm. Zehn für das Billigding von Kette sind ein echt guter Preis. Und wenn du erst einmal ein Jutsu brauchst, das viel Chakra verbraucht, dann wirst du froh darüber sein.“
Nicht, dass er daran glaubte…, aber irgendwie war es ja verlockend. Konnte er nur hoffen, dass er nicht zu einem ‚Chakravampir‘ wurde, wie man in dieser Szene die Leute nannte, die regelmäßig zu den blauen Kügelchen griffen. Nach einem letzten Schluck Tee kramte er schweigend die Kette heraus und schob sie Midori zu, die ihm dann im Gegenzug zehn von den Dingern in quadratischen Packungen gab. Er verstaute sie sachgemäß in seiner Tasche und lehnte sich ein wenig zurück, ließ sich durchhängen. Was hatte dieser Kerl auch so viel Kraft…
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BeitragThema: Re: Gassengewirr   Gassengewirr I_icon_minitimeFr 16 Sep 2011, 17:54

Yoko selbst kannte den Raikagen nicht. Ein einziges Mal hatte sie zufällig etwas über ihn gelesen, aber wann bekam sie schon eine Zeitung in die Hand? Dass sie den Hokagewechsel sogar live sehen hat können war reiner Zufall – wahrscheinlich auch ein bisschen Glück. Wäre wohl recht eigenartig gewesen, wäre sie zurück gekommen und ein anderer führte nun das Regime. Zurückkommen… War das überhaupt eine reelle Vorstellung? Leben konnte sie dort nie wieder und die Information, die ihr Leben wirklich wieder verändert hatte, war nun schon da gewesen. Auch Chinatsu, pardon, Rin war dort nicht. Schien nach Lens Aussage auch nicht auf den Weg dort zurück gewesen sein. Stellte sich ihr wieder die Frage, wie sie das Mädchen denn noch finden könnten. Die Welt war groß. Natürlich hatte sie das Glück auf ihrer Seite, sodass sie Len immer wieder fand, weil sie es wohl auch wirklich wollte. Ihn einfach immer finden musste, wenn sie überleben wollte! Aber wollte sie Rin denn überhaupt finden? Sie hatte wirklich Angst davor. Immerhin könnte es doch passieren, dass sich nach dem Fund ihre Wege trennten. Dass er einsähe, dass das Ziel, das er immer angestrebt hatte, ihn am glücklichsten macht und sie nicht mehr gebraucht. Aber sie wollte ihm auch vertrauen, dass das eben nicht passierte. Doch hatte sie einfach Angst davor. Das Leben war so… so eigenartig! Dass sie sich auf dem Hinweg zum ‚Rattenloch‘ den Kopf zerbrach, konnte man gut erkennen, weil sie einfach still gerade ausstarrte und plötzlich die Hand hob und sich die Haare raufte – wobei sie danach darauf achtete, sie wieder glatt zu streichen. Sähe ja sonst recht blöde aus.
Nun saß sie aber endlich mal wieder auf einem Barhocker. Das war durchaus eine Sache für sich, wo sie lange nichts mehr getrunken hatte, oder überhaupt in einer solchen Gegend war. Noch dazu mit ihrem Liebsten! Der sich gerade entschuldigte und einen Witz über seinem womöglich kommenden Tod reißen konnte. „Bin ich nicht“, erwiderte sie und hielt es zurück, dass sie wenn dann darauf böse war, dass er so etwas sagen konnte. Wenn einer von ihnen als erstes starb, dann doch ganz sicher sie! Hoffte sie auch irgendwo… Immerhin war sie sich sicher, dass sie ohne ihn sowieso sterben würde. Nach der ganzen Aktion fühlte sie sich wirklich… schlecht! Ihm ging es wirklich nicht gut. Am besten sie beeilte sich so gut es eben bei solchen Geschäften ging und sie liefen wieder zurück zum Hotel, wo er sich ausruhen konnte. Da hoffte sie wirklich, dass Souta vielleicht kommen würde, dann konnte er sich Len auch ansehen und es gebrauchte keine Erklärungsnot, wie so etwas passieren konnte.
Nach ihrer Forderung, weshalb sie hier war, sah er sie recht verwirrt an, ehe er den Kopf schüttelte, um wieder in die Realität zurück zu gelangen. „Und du weißt, was es kann? Oder bessere Frage – du kannst dir so etwas leisten?“ „In etwa – es soll dem Körper soweit wieder auf Vordermann bringen, dass man nicht noch mehr Drogen benötigt. Und ob ich es mir leisten kann werden wir gleich sehen – wie viel kostet es und wie viel bekomm ich in welcher Form?“ „Nun, dann erkläre ich es dir mal in etwa.“ Lässig lehnte er sich an die Tresen und sah zu ihr rüber – noch immer in Augenhöhe. Der Kerl war ja wirklich ein Riese! „Du wirst eine Flasche bekommen, den Inhalt musst du dir mit einer Spritze aufziehen und spritzen. Einfache Sache also. Vierzig Gramm für eine Fuhr, die zwei Wochen anhält – Ein Gramm kostet 150 €.“ 150 Euro! Das war wirklich teuer. Aber sie hatte es ich ja schon denken können. „Wie viel hast du davon da?“, fragte sie stattdessen ruhig und ließ sich ihre Überraschung nicht anerkennen. Je nachdem musste sie wohl so gut wie alles verkaufen, was sie so heute mitgenommen hatte. „Zwei ganze Proben – wie war noch dein Name?“ Yoko winkte mit der Hand ab. „Der ist nicht so wichtig. Zwei Proben sagst du also? Das macht… 12.000€ - du wirst ein reicher Mann werden.“ Sie lachte auf und sprang vom Hocker. Immerhin kam sie dann besser in ihre Taschen. Skeptisch beobachtete Akio sie, entspannte seine Gesichtszüge aber wieder, als er sah, wie sie nur ihr Portemonnaie und ein packen Geldscheine rauszog. „Fünftausend sind das hier – geh zählen, Schätzchen“, forderte sie ihn auf und zeigte auf das Bündel, ehe sie ihre Geldbörse öffnete und dort noch Geld herauszog. Weitere Tausend Euro, die sie auf den Tisch klatschte. Recht baff begann er zu zählen. Wahrscheinlich hatte er nicht damit gerechnet, dass ein Unwissender tatsächlich so viel Geld gleich beim ersten Besuch bei sich trug. Als er fertig war, nickte er langsam. „Eine Probe hast du sicher – kannst du dir noch eine leisten?“, fragte er nach und hatte sogar ein gewisses Grinsen auf den Lippen – nun, wer konnte sich auch nicht freuen solche Sachen loszubekommen und dafür verdammt viel Bargeld in den Händen halten zu dürfen? „Werden wir gleich herausfinden“, antwortete Yoko ihm und zog eine Tüte aus einer weiteren Tasche – ach, wie sie ihren Mantel doch liebte! ♥ “LSD?“, fragte er und nickte mit dem Kopf zu der Tüte. „Sieht ganz danach aus – Interesse?“, fragte sie scheinheilig und wog die Tüte in ihrer Hand ab. „Die übliche Menge von 1.000 Stück“, meinte Yoko und lehnte sich nun ebenfalls an die Tresen. „Myura, die Waage!“, rief er dem Mann laut zu. Das war auf jeden Fall erfolgsversprechend für sie selbst, wenn er es wiegen wollte. Der Kerl grummelte etwas und verschwand wieder nach hinten. War wohl nicht gerne Laufbursche, aber traute sich nicht sich mit dem Kerl anzulegen – verständlich. „Darf ich?“, wandte er sich derweil wieder an Yoko und deutete auf die Tüte, die er dann auch in die Hände gedrückt bekam. Er hob sie an und besah sich die Pillen in den verschieden bunten, grellen Farben. Wog es ebenfalls in der Hand. öffnete sie und sah hinein. Sie wusste, dass sie von der Qualität unschlagbar sein mussten, wo sie diese doch auch teuer gekauft hatte. Die Waage wurde geliefert – oha, eine Milligrammwaage! Dass sie so etwas besaßen – und er packte die Tüte darauf. 190 wurde angezeigt. Eben gute Qualität, die etwas schwerer war. Nachdenklich strich er sich über das Kinn. „Du willst Ingrid noch haben, richtig? Nun, wie wär’s mit nem Tausch?“ Genau das wollte sie erreichen, weshalb sie grinsend nickte. „Dann darfst du warten, bis ich das Zeug geholt habe.“ Wieder nickte sie und steckte Pillentüte und Geld wieder ein, während er davon rauschte. Erleichtert atmetete sie auf. Wurde also nicht groß etwas mit viel Geld zu machen heute. Aber sie würde ein Monat friedlich sein, wenn es funktionierte!
Überschwänglich drehte sie sich um, um zu Len zu gehen. Wobei sie an sich halten musste sich nicht ganz ihre Laune zu vermiesen, als sie Midori bei ihm erblickte.
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BeitragThema: Re: Gassengewirr   Gassengewirr I_icon_minitimeFr 16 Sep 2011, 18:56

Der Hinweg hatte sich nett gestaltet und eigentlich hatte man nun den Zeitpunkt erreicht, in welchem eigentlich alles aufgezählt war, was denn für nette, ereignisreiche Momente es gewesen waren, die dort verstrichen. Das einzige, was noch relativ erwähnenswert war, oder auch nicht, man konnte es ja aus vielen Perspektiven sehen, dass Len sich ein wenig darüber amüsierte, wie abwesend Yoko sein konnte. Ihm fehlte nur noch, dass sie wieder begann, mit sich selbst zu reden und Kommentare abzulassen, wie sie es sonst immer tat, wenn sie schwer in Gedanken versunken war und sich eher damit beschäftigte, ihre Gedankenwelt zu ordnen, als auf ihre Umwelt zu achten. Natürlich würde sie bestimmt bemerken, wenn man ihr den Schädel spaltete! Aber sonst…, wusste er nicht recht. Später würde er sicher die Zeit für eine experimentelle Versuchsreihe haben und dann brav das nichtexistente Notizbuch weiter führen, vor dem sich die paranoide Nukenin sich so sehr gefürchtet hatte. Kurz wollte er sie auf ihre zerstörte Frisur ansprechen, aber dann hatte sie es auch schon von allein gerichtet bekommen, sodass er den Mund wieder schloss und sich in seine eigenen Ängste flüchtete, damit der Weg auch ja kürzer wurde und überhaupt nicht lange dauerte. Er hatte das Gefühl, je mehr man sich vor einem Ereignis fürchtete, umso schneller traf es ein. Selbiges galt wohl auch für den Besuch dieser unzureichend gesäuberten Bar mit einem ausreichend freundlichen Barkeeper. Wenigstens etwas Positives an dieser behinderten Situation. Es war ganz nett, dass Yoko nicht mehr böse auf ihn war. Das war immer so unerträglich, zu wissen, dass der Andere sauer war und man irgendwie ja gar nichts dagegen tun konnte… Zum Verzweifeln, aber naja, man konnte es ja nur oft genug wiederholen: Das Leben war hart und es gab Menschen, die damit klarkamen – und es gab Len. Der war einfach da und versuchte zu ertragen, was er ertragen konnte. Mehr oder weniger mit Erfolg gekrönt.
Im Nachhinein und sehr viel später tat ihm Midori sogar leid, dies aber auch erst, als er selbst einen Schlag von Akio kassierte. Wenn er sich jetzt ausrechnete, was das für ein Schmerz im Schädel ausgelöst hätte, wurde ihm ja glatt noch übler, als ihm gerade sogar war. Das Mädel saß wirklich eine ganze Weile ziemlich geknickt und zurechnungsunfähig in ihrer Ecke, bis sie sich ja schließlich aufgerafft und neben ihn gesetzt hatte.
Die Unterhaltung lief nur schleppend – und Len hatte ziemlich mit Worten gegeizt. Einmal hatte er ihr eine simple Drohung an den Kopf geworfen, okay, aber sonst hatte er sich gespart, den Mund zu öffnen, vielleicht aus der Angst heraus, bei zu vielem Sprechen eben doch Organe und Ähnliches hervorwürgen zu müssen. Er schrieb sich auf die Liste von Dingen, für die er eindeutig zu alt wurde: Mich von Akio freiwillig verprügeln lassen.
Kaum, dass der kleine Tausch zwischen ihnen vonstattengegangen war, lehnte sich Len wie erwähnt zurück, seufzte zitternd auf und verschränkte die Hände über seinem Bauch, während er angestrengt geradeaus sah. Er hatte auf einmal sehr wenig Lust, Tag und Abend hier zu verbringen. Am liebsten würde er mit einer flauschigen Decke auf der Couch liegen, noch besser: mit einer Wärmflasche! Und dann noch schön irgendeinen ruhigen Film sehen, bei dem die Augen nicht zu sehr angestrengt wurden. Allerdings würde er den Plan sowieso bald wieder verwerfen, weil es ihm sicherlich in den nächsten Minuten besser gehen würde. Plötzliche Müdigkeit überkam ihn, sodass er lauthals gähnte und Midori lachte sich halb kaputt, worauf sie nur einen ernsten Blick zugeworfen bekam und sie an ihrem Lachen erstickte. Sie bat krächzend um einen Schluck Tee, aber wie, als müsste er sein Revier als griffiger Wolf verteidigen, knurrte er ihr nur zu, sie solle es nur wagen und schauen, was sie davon hatte. Da schmollte sie ein wenig, nahm es ihm aber nicht sonderlich übel – sie kannten ihren gegenseitigen Umgang ja jetzt mittlerweile schon, sonderlich nett waren sie nie zueinander gewesen. Warum Midori darüber lachte, dass er müde war? Nun, das kam nun mal davon, wenn man ständig unter diesen Muntermachern stand! Da wurde man nicht müde, das kannte sie gar nicht! Jedenfalls malte er sich das aus, bei diesen vermaledeiten, grässlichen Drogen, die sich die ganzen Leute so reinpfiffen… Kurzzeitig erinnerte er sich an die blauen Kugeln, die in seiner Tasche waren, die er über die eine Ecke seines Stuhls gehängt hatte. Sie schienen ihm verräterisch zu glühen und somit jedem zu verraten, was für ein feiger, dummer, sich selbst verratener Penner er eigentlich war. Er sollte das Zeug im nächsten Klo runterspülen, die Kette war sowieso kein großer Verlust. Das war mal eine Sache. Er hatte ein schlechtes Gewissen – vor sich selbst! Und eigentlich auch wegen Yoko… Wie würde sie wohl reagieren? Am besten behielt er das Zeug einfach versteckt und wurde es irgendwann unbemerkt los. Wäre dann jetzt nicht der Zeitpunkt, an dem er es versuchen sollte? Hm… Sein Blick wanderte rüber zu dem schief hängenden Toilettenschildern. Aber dann müsste er ja aufstehen…
„Ahaha, du bist ein Trottel, Len-sama“, bemerkte sie amüsiert an und klatschte ihren Eisbeutel, der sowieso nur noch eine lauwarme Soße enthielt, auf den bekleckerten, klebenden Tisch. Ihr Auge und die weichen Hautpartien rund herum leuchteten in einem intensiven Lilaton. „Wenn du’s so hasst, solltest du auch nicht auf so einen dummen Handel eingehen. Aber bei mir wirst du ja immer schwach, nicht? ♥“
Len wandte sich nur müde um und fragte desinteressiert: „Hast du was gesagt?“ Daraufhin schwieg Midori erneut äußerst entrüstet. Anscheinend war sie nicht davon ausgegangen, dass er sich dadurch nicht beeindrucken oder verletzen ließ. Also war dies nicht länger eine seiner Schwachstellen (Drogenkonsum!), man musste umsatteln. Es folgten ein paar unqualifizierte Beiträge, was Rin wohl über ihn denken würde, wenn sie ihn nun sehen könnte, und wie seine Eltern wohl im Himmel den Kopf schütteln würden und als sie immer noch nur auf taube Ohren stieß, schnaubte sie eingeschnappt und knurrte schließlich: „Und was sagt deine Bitch dazu? Hat sie dich zu den Drogen geführt?“
Len rollte mit den Augen. Wenn es um Yoko ging, da war er glatt noch empfindlicher, als wenn es um Rin ging, weswegen er sich mühsam wieder in eine geradere Position zog und sie durchdringend ansah. „Du setzt heute auch alles darauf, dass man dir wehtut, nicht? Hat dir Akios Faust nicht gereicht, oder was?“ Wenn man es rein rational und logisch betrachtete, dann wäre Midori kein großer Verlust. Gut, der informelle Sektor verlor eine gute Dealer- und Händlerin, aber das war’s ja nun nicht wert, es würden immer welche ihrem Beispiel folgen. Rein freundschaftlich markierte sie auch nicht den großen Fisch im kleinen Teich. Also von daher sprach nichts dagegen, sie um’s Eck zu bringen. Yoko würde sich ganz bestimmt freuen, das Kind abzumurksen – aber er wollte nicht, dass sie wieder so straffällig wurde. „Ich hab übrigens kein Bock, mit dir Geschäfte zu machen… Steig doch in deine Villa ein und freu dich, wenn dir ein Dobermann an den Waden knabbert – ich bleib hier nicht länger, als ich muss.“ Und irgendwie hieß ‚hier‘ nicht nur das Rattenloch, sondern auch dieses ganze, minderbemittelte Dorf samt ihrer beschränkten Einwohner. Ein Lichtblick war lediglich, dass Yoko anscheinend ihre Verhandlungen abgeschlossen hatte. Der Gesichtsausdruck sah vielversprechend aus.
Er winkte sie zu sich und schraubte die Thermoskanne zu, hievte sich auf die Beine und warf sich die Tasche über die Schulter. „Auf dass man sich nie wieder sieht“, murmelte Len und salutierte, an Midori gerichtet, bevor er sich umwandte und mit einem strahlenden Lächeln Yoko entgegenkam.
„Und? Wie ist es gelaufen?“
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BeitragThema: Re: Gassengewirr   Gassengewirr I_icon_minitimeFr 16 Sep 2011, 20:39

(Ich kürze den oberen Bereich mal…. *weiß nicht, was sie sonst noch darauf antworten könnte und findet’s lästig x’D*)

Als die Utsukushi so mit diesem fünfunddreißig Zentimeter größeren Kerl verhandelte, fühlte sie sich richtig klein. Aber so richtig, richtig klein! So mit Lens Größe fühlte sie sich wohl. Er war ein paar Zentimeter größer als sie, wohl um die sieben, um genau zu sein, damit konnte sie inzwischen richtig gut leben. Vor allem sah wenigstens das dann passend bei einem Pärchen aus. Überhaupt würde es doch so was von uncool kommen, müsste sie sich immer runterbeugen, um sich einen Kuss von seinen Lippen zu stehlen. Aber zurück zu dem, wie sie überhaupt darauf gekommen ist! Sie stand ja nun auch auf gleichem Grund neben Akio und musste sogar raufgucken, um ihn direkt ansehen zu können. Das… stank ihr gewaltig. Immerhin konnte er dann richtig zu ihr herabsehen. Was mussten die Kerle auf einmal aber auch alle immer größer werden? Das war früher wirklich nicht so. In ihrer Akademiezeit, bis hin zur Chuuninprüfung gehörte sie immer zu den großen. Überragte selbst die meisten Jungs mit ihrer Größe, aber jetzt… Das Leben änderte sich nun einmal irgendwann.
Die Drogengeschäfte verliefen recht gut, wie sie fand. Selbst die LSD Pillen bekam sie gut weg. Hatte somit eigentlich doch auch einen Gewinn erzielt. Vor zwei Jahren, als sie sich diesen Vorrat zugelegt hatte, war der Markt noch nicht so hoch, da war diese Ausführung zwar auch schon teuer im Vergleich mit 4800 Euro und jetzt wären sie wohl um die 6000 Euro wert gewesen, aber genauso viel kostete das Serum, das sie begehrte, also passte es gut, wie sie fand. Nun verschwand der Riese aber wieder aus dem Rattenloch, um ihr die Fläschchen zu holen. Man rechnete wohl auch nicht, dass ausgerechnet danach verlang wird, weshalb man eher die Sachen mit sich rumschleppte, die stark gefragt wurden.
Vorerst hieß es aber warten und Len berichten, wie es nun so aussah mit dem Geschäft. Sie war recht froh darüber, dass er zu ihr kam und Midori sitzen ließ. Auch lächelte er sie wieder richtig an, was ansteckend war. „Gut natürlich, oder hast du daran gezweifelt?“, fragte sie grinsend nach und nickte in Richtung Ausgang. „Er hatte sie nicht gleich dabei und muss sie erst noch holen, weshalb ich warten muss… gehen wir derweil noch nach draußen?“, schlug sie vor, da es gerade recht zu stinken anfing. Hat es wohl einer der Alkoholiker nicht mehr geschafft rechtzeitig aufs Klo zu kommen, um aus den Arsch zu pissen. Da… drehte es ihr richtig den Magen um und das Frühstück drohte wieder raufzukommen, weshalb sie einfach nach seinem Handgelenk griff und nach draußen rauschte. Ihn dort losließ und die vergleichsweise frische Luft tief einatmete. Schuldbewusst blickte sie ihn an, weil sie ihn ja nun doch wieder berührt hatte und entschuldigte sich dafür gleich einmal. Doch hatte sie es gerade einfach nicht mehr länger da drinnen ausgehalten, wie sie erklärte. „Aber um auf Ingrid zurückzukommen. Ist wirklich gut gelaufen!“, verkündete sie mit einem strahlenden Lächeln. „Für einen Monat habe ich nun vorgesorgt, wenn er wieder kommt. Aber viel wichtiger ist nun, wie es dir eigentlich geht. Der Schlag sah recht hart aus“, fragte sie besorgt nach und sah auf seinen Bauch. Wenn es nach ihr ging, hätte sie selbst eben nachgesehen, wie es aussah, aber das wäre ja wieder eine Berührung gewesen. Demnach ließ Yoko es bleiben, presste die Zähne aufeinander und sah wieder hoch in sein Gesicht. In seine Augen, die sie doch so sehr liebte, wie alles an ihm. Aber seine Augen waren etwas Besonderes, das niemand abstreiten konnte.
„Sag, wie lange haben wir noch, bis wieder jemand ins Hotelzimmer käme?“,
fiel ihr da aus heiterem Himmel ein. Nicht, dass sie zu lange brauchten und Len dann nicht noch angesehen werden kann! Vorsorge war ja besser als Nachsorge, wie es immer hieß. Vor allem bei so etwas, wenn nun doch etwas mit einem Organ fehlte. Das konnte sie einfach nicht verantworten, dass er sich ernsthaft verletzt hatte ihretwegen und sie nichts dagegen unternahm.
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BeitragThema: Re: Gassengewirr   Gassengewirr I_icon_minitimeSa 17 Sep 2011, 11:47

Nach einer schier endlosen Zeit, die er lediglich in Begleitung von einer unablässig redenden und äußerst persistenten, grünhaarigen Person und ziehenden Schmerzen in der Magengegend verbracht hatte, die ihm den letzten Nerv raubte, ließ sich Len dazu hinreißen, einen prüfenden Blick durch das gesamte, verdreckte Lokal schweifen zu lassen. In einer Ecke kauerten drei gedrungene Gestalten, ungewaschen und unrasiert (er sollte sich in diesem Punkt sicherlich nicht beschweren), mit schwarzen Fingernägeln, an denen nervös gekaut wurde, während sie in eine Pokerrunde vertieft waren. Die Einsätze waren wohl die wenigen, übrig gebliebenen Alkoholpfützen in Krügen und Gläsern, die auf dem Tisch verteilt standen und durch merkwürdige Trübe und Gestank auffielen. Vereinzelte Menschen, sogar eine verhärmte, ausgemergelte, kleine Frau, die das Gesicht in den auf dem Tisch gelegten Unterarmen verbarg, in einer faltigen Hand hielt auch sie ein Glas, allerdings eines mit schlankem Stiel und dickem Bauch, gefüllt mit roter Flüssigkeit, vermutlich Wein. Ein anderer kauerte sich gerade in eine Ecke, fummelte an seinem Gürtel und – woah, nein! Nicht im Ernst! Len rümpfte die Nase und wandte den Blick schneller ab, als er es sich selbst zugetraut hatte. Stattdessen heftete er ihn an Yoko fest, die noch immer mit Akio im Gange war – oder gewesen war, schließlich verzog der sich gerade in Richtung Tür. Unwillkürlich fragte der junge Nukenin sich, warum der Hüne Fersengeld gab und sinnbildlich eine Staubwolke aufwirbelnd das Weite suchte, aber eigentlich sollte es ihn nicht scheren. Stattdessen sagte er sich mir nichts, dir nichts von Midori und ihrer Abmachung los, damit er ja auch nichts mehr mit diesem Pub zu tun haben musste. Wie gesagt, es gab schönere Orte, an welchen man sich nicht sofort irgendwelche Infektionen holte – es kitzelte ihm schon in der Nase – und an denen man keimfreie Speisen und Getränke bekam. Nur eben nicht Drogen und zugekokste und betrunkene Opfer, denen man überteuert irgendwelche Dinge andrehen konnte.
Len schüttelte auf ihre Frage den Kopf, er zweifelte doch nie an ihr, nie, nie und nie im Leben!, und folgte der stummen Geste mit den Augen, um die schief in den Angeln hängende Tür anzusehen - noch immer schoss ihm das Bild durch den Kopf, wie Akio ihn begrüßt hatte. Er war heilfroh, dass es Midori und nicht ihn erwischt hatte.
„Ach so?“, stieß er fragend hervor, machte keinen Hehl aus seiner Verwunderung (ein Dealer, der sein Zeug nicht mitnahm? Die Kunden mussten doch bescheuert sein, Unsummen zu bezahlen und den Typen einfach davonlaufen zu lassen) und atmete angestrengt durch den Mund, weil ein eher weniger entzückender Duft zu ihnen herüberwehte. Jemand schrie, dass man doch mal ein Fenster aufmachen könnte, ein anderer packte ein tannengrünes Duftbäumchen aus und hing es sich um den Hals, als könne dieses kleine, alte, und schon krümelnde Ding Wunder bewirken. Vielleicht half es ja mit dem Placebo-Effekt. Bevor er aber auch nur noch ein Wort sagen konnte, packte Yoko ihn am Handgelenk und zog ihn aus dem Rattenloch hinaus, an die immer noch nicht direkt saubere Luft, aber immerhin müffelte es nicht nach menschlichen Ausscheidungen, Alkohol und Schimmel, was schon mal ein sichtlicher Fortschritt war. Als sie sein Handgelenk losließ, streiften ihre Fingerspitzen die empfindliche Haut über den blauen, sichtbaren Adern und er begann anscheinend grundlos zu lachen, konnte sich dann aber schnell wieder einfangen, in dem er einfach nur den Mund schloss. Lachen tat seinem Bauch nicht gut. Ein oder zwei unsichere Schritte rückwärts und er spürte den kalten, bröckelnden Putz der Kneipe im Rücken und lehnte sich gegen die Mauer.
Es war schwer, sich nicht von Yokos Begeisterung anstecken zu lassen, doch Len war gut darin, schließlich plagte ihn immer noch das schlechte Gewissen und während er mit einem Ohr zuhörte, was sie ihm denn zu berichten hatte, immerhin ging es um Ingrid, das Wundermittel, das zu schön klang, um eigentlich wirklich zu existieren, dachte er noch darüber nach, wie er unbemerkt das Zeug loswurde, das Midori ihm hatte andrehen können. Was war das auch für eine Mistsau! Nutzte einfach seine Schwäche von durch einem Fausthieb benebelten Zustand aus, um Geschäfte zu machen… Er hielt sich zurück, sonst hätte er wohl einfach so einen Fluch ausgespuckt. Einen Moment starrte Len Yoko nur an, rief sich dann ins Gedächtnis, was sie gesagt hatte und sagte verspätet: „Oh, das klingt gut. War es wirklich so teuer, wie Midori gesagt hat?“ Noch einmal brauchte er einen Moment, um sich eine Antwort auszudenken und sagte dann mit einem geheuchelten Lächeln: „Ach was. Das war alles ein affiges Schauspiel, damit die Leute denken, dass Akio und ich total die Feinde sind. Aber eigentlich sind wir richtig dicke Homies.“ Das war so eine offensichtliche Lüge, dass es als Witz durchging und dass er nichts Weiteres sagte. Er hoffte, dass sie das Thema bald wechselten, er war nicht wirklich erpicht darauf, darüber zu reden, mit was für dummen Aktionen er der Welt bewies, was für ein idiotisches Weichei er war.
Ein Glück, dass da Yokos Frage kam. Er zuckte kurz mit den Schultern und bedeutete ihr zu warten, bis er sich seine Kette aus dem Kragen gefriemelt hatte, um das Medaillon mit einem Klicken aufspringen zu lassen. Die Uhr tickte leise und verriet ihm die Uhrzeit. „Eine Stunde haben wir noch, also lehn dich zurück und entspann dich, Hase.“ Ihm war der angespannte Gesichtsausdruck nämlich nicht entgangen. Vielleicht hatte sie ja endlich eingesehen, dass ihre Gesundheit und somit die Untersuchungen wichtig waren, solange sie noch die Möglichkeit hatten!
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BeitragThema: Re: Gassengewirr   Gassengewirr I_icon_minitimeSa 17 Sep 2011, 12:28

Das Beantworten von Lens Nachfrage musste warten, da sie als erstes dem beißenden Gestank entfliehen mussten, der ihr den Magen umzudrehen drohte. Draußen angekommen legte sie die Stirn in Falten, als er einfach so zu lachen begann[colorer=orangered]. „Was ist so lustig?“, [/color]fragte sie verdutzt nach. Sie selbst fand es so gar nicht lustig, wenn es da drinnen jemand nicht mehr rechtzeitig auf die Toilette geschafft hatte und nett Dünnpfiff hatte, die Luft verpestete und die Leute aufschreien ließ. „Warte! Hat man dir wieder irgendeine Droge untergemischt in… was auch immer du vorhin getrunken hast?“ Bei der letzten Droge hatte er ja auch durchgehend grundlos gelacht, da war die Wahrscheinlichkeit doch gar nicht so gering. Schon gar nicht, wenn man bedachte, was das hier für ein Ort war. Ein Ort, an dem mit Drogen gehandelt wurde.
Kurz schüttelte Yoko den Kopf, um wieder klar denken zu können. Sich daran zu erinnern, was sie ihm vorhin noch sagen wollte, bevor sie reiß aus genommen hatte und von seinem Lachen abgelenkt war, doch hatte er sich ja schnell wieder gefangen und sah sie relativ ernst an. Also lehnte sich die Utsukushi neben ihm an die Wand. „Er hatte ‚Ingrid‘ nicht dabei, weil da die Nachfrage nicht sonderlich hoch ist. Kennt kaum jemand, weil es ja noch ein Prototyp ist und nicht Sinn und Zweck der normalen Drogen hat, die ja bestimmte Zustände hervorrufen und nicht einfach nur dem Körper das Verlangen nach Drogen stillen.“, klärte sie ihn auf und zuckte mit den Schultern. „Und ja, es war teurer, als ich vermutet hatte mit sechstausend das Fläschchen, doch wird es mir sicherlich helfen, von daher ist der Preis angemessen, nicht wahr?“, beantwortete sie ihm auch die andere Frage mit einem Lächeln, da er ja wirklich etwas Interesse zu zeigen schien. Da konnte sie sogar darüber hinwegsehen, dass schon wieder der Name dieses Mädchens gefallen war, das sie so überhaupt nicht ausstehen konnte. Wohl noch weniger, als Fanta! …Glaubte sie zumindest, obwohl? Nun, sie war sich da nicht ganz so sicher gerade. Allerdings war das ohnehin irrelevant. Viel wichtiger war, dass er über so eine Sache einen Witz reißen konnte. Einen verdammt schlechten Witz, da selbst sie ihn als einen solchen erkannt hatte, weshalb sie aufschnaubte, sich von der Wand abstützte und ihm mit dem Zeigefinger vorne in den Bauch piekte. „Lüg mich bei so etwas bitte nicht an“, forderte sie ihn mit einer von Sorgnis belegter Stimme auf, ehe sie ihre Hände in ihren Taschen verschwinden ließ – so wie er es für gewöhnlich zu tun pflegte – und sich wieder an die Wand lehnte.
Auf seine Auskunft mit der Zeit hin nickte sie. „Eine Stunde ist noch lang – sag, weißt du, wo der Kerl wohnt? Nicht, dass er zu weit weg wohnt und es noch länger als eine Stunde dauern würde… dann kann man sich dich nicht angucken…“ Zum Schluss hin wurde sie recht kleinlaut mit ihrer Stimme und sah auf die Wand ihr gegenüber. Diese war nicht nur kaputt sondern recht dreckig. Da hatten sie bei ihrer Wand recht viel Glück, dass da nicht schon der tiefe Dreck dranhing. Und… jetzt sah sie doch lieber wieder Len an, weil sie sich nicht weiter Gedanken darüber machen wollte, was das denn für ein Dreck war.
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BeitragThema: Re: Gassengewirr   Gassengewirr I_icon_minitimeSa 17 Sep 2011, 12:54

Er bekam also keine Antwort auf seine Frage – beziehungsweise auf seine nicht ganz ausformulierte Forderung, ihm mehr Informationen über dieses ominöse Verschwinden Akios zu erzählen. Für ihn war das nämlich immer noch höchst ungewöhnlich, aber vielleicht war es ja auch ganz normal… Man sollte sich als Unwissender nicht anmaßen, all die Sachverhalte in diesem zwielichtigen Viertel verstehen zu können, vor allem, wenn man nicht einmal etwas mit dem ganzen Kram zu tun haben wollte.
Vor der Tür konnte man fast schon wagen, wirklich durch die Nase zu atmen – tiefe Atemzüge und Sauerstoff schöpfen, aber trotz allem war die Luft hier eher stickig und muffig, sodass er es darauf beschränkte, zu atmen, wenn es denn bitter nötig war und sich nicht weiter darauf zu konzentrieren. Es gab ja schließlich etwas Anderes, das ihn zur Zeit beschäftigte.
„Nichts ist lustig“, antwortete Len ihr wahrheitsgemäß. Lustig war es nicht gewesen, nur hatte es verdammt gekitzelt und da schmiss er sich nun mal manchmal weg, was man fast schon als Geheimwaffe gegen ihn nutzen könnte – falls man es denn schaffte, es gegen ihn verwenden zu können, man musste es ja auch erst einmal herausfinden und schaffen.
Gelinde gesagt starrte er Yoko dann milde entgeistert an, unfähig, einen Ton zu sagen. Gut, man hatte es schon einmal geschafft, ihm irgendwelches Zeug unterzujubeln, aber innerhalb von einer Woche zweimal ein Opfer von solchen Anschlägen zu werden, das fände er jetzt aber nicht sonderlich prickelnd, und vor allem auch mehr als unwahrscheinlich. Das Schönste an der Sache war, dass sie somit Myura unbewusst anklagte, immerhin hatte er ihm den Tee gegeben und er hatte die Thermoskanne nie lange genug aus den Augen gelassen, dass Midori in die Nähe hätte kommen können. Außerdem hatte er ja nicht sinnlos vor sich her gelacht, also waren Überlegungen und Vermutungen in diese Richtungen sowieso mehr als unwichtig. Schließlich schüttelte er einfach nur den Kopf, um zu verdeutlichen, dass er sich eigentlich sicher war, keine Rauschmittel zu sich genommen zu haben – ob jetzt wissentlich, oder eben nicht.
Es war schwieriger, sie anzusehen, wo sie doch nun direkt neben ihm lehnte, aber vorerst reichte es ja, ihr zuzuhören. Sie hatte ja direkt viel zu erzählen, was wohl bestimmt daran lag, dass sie schon vor Jahren einen Narren an diesem Thema gefressen hatte – zumindest erklärte er es sich so und er befand es als plausibel, wo sie doch immer davon schwärmte, dass sich ihr Leben aus zwei Teilen – Drogen und ihm – zusammen setzte.
„Und du vertraust Souta da, was die Wirkung angeht?“, hakte Len unschuldig und mit schräg gelegtem Kopf nach. Er tat es nicht. Ihm klang das immer noch viel zu abgedreht, außerdem gab es noch keine Studien über Ingrid, gerade weil es noch ein Prototyp war und anscheinend keiner sich bisher Sorgen über Spätfolgen gemacht hatte. Da war er selbst viel weitsichtiger, aber er wollte ihr da jetzt auch nicht mehr reinreden, immerhin war sie vollkommen überzeugt – außerdem sollte er ihr, als eine Erwachsene, nicht in ihre Angelegenheiten hereinreden… Moment mal. Sie ist doch nicht meine Mutter… natürlich geht mich das was an! Er war ja gleichberechtigt! … Trotz allem fehlte ihm da irgendwo der Mut zu, weswegen er einfach nur Stillschweigen bewahrte und ihr weiter seine Aufmerksamkeit schenkte.
Das war ein Fehler. Sein Lächeln fiel ihm aus dem Gesicht, wie weggewischt, und sein Unterkiefer verlor an Halt, klappte herunter und einen Moment stammelte Len unverständliche Wortfetzen und –stummel, bevor er sich mit einem weiteren Kopfschütteln besann, den Mund wieder zu tat und einmal darüber nachdachte, was er eigentlich ausdrücken wollte. Im Endeffekt klang es immer noch äußerst ungläubig und verwundert, als er sagte: „Einfach mal sechstausend Piepen aus dem Fenster geworfen…“ Dafür musste er lange hart schuften (es war ja kein Spaß, mit irgendwelchen, komischen Leuten abzuhängen und ihnen in langen, nervenaufreibenden, haarspaltenden Gesprächen irgendwelche Geheimnisse zu entlocken, um sie dann an noch mehr an Gesindel und Kakerlaken erinnernde Gestalten zu verhökern)! Der zweite Gedanke traf ihn wie ein plötzlicher Blitzschlag, weswegen er ein weiteres Mal in eine Schreckstarre fiel und sie dann mehr als nur fassungslos ansah. Len brauchte eine ganze Weile, bis er wieder Herr seiner Sinne war und etwas kläglich murmelte er: „Du musst ja reich sein, wenn du dir einfach so Sechstausend aus dem Ärmel leiern kannst.“ Er konnte es nicht. Zu Recht. Er war froh über das Wenige, was er gerade in seinen Hosentaschen hatte, er war auch froh über den Hotelzimmerschlüssel, was auch nicht immer eine Selbstverständlichkeit war, manchmal hauste er halt in heruntergekommenen Jugendherbergen (ein Vorteil, so jung zu sein und auch so auszusehen, anders als manche, verbrauchte Ratten, die sich so auf den Straßen rumtrieben), oder aber immer mal wo anders, wo er gerade Zuflucht fand. Er seufzte. Vielleicht hatte er sich damals einfach für die falsche Richtung entschieden.
Schließlich konnte Len sich dann ja doch wieder zusammenreißen, nicht mehr so eingenommen, von diesen Gedanken, die ihn gerade wie Räuber überfallen hatten und er verfolgte sie aufmerksam mit dem Blick – er erkannte, was sie vorhatte, aber zu spät. Gequält jaulte er auf und verschränkte beide Arme schützend vor dem Körper. Akio hatte eben, passend zu der Größe und seinen stählernen Muskeln, eine riesige Kraft, die er aufbauen und entladen konnte, vor allem, wenn er sauer war. Da reichte auch das bisschen Pieken von Yoko, um ihn wieder durch die Hölle zu schicken. „Entschuldige“, brachte er hervor und versuchte durch das systematische Verbrauchen der unreinen Luft in diesen Gassen den Schmerz weg zu atmen, was ihm mehr oder weniger auch gelang, denn er konnte ja schließlich auf ihre Frage antworten. Nach getaner Arbeit klappte er die Uhr wieder zu und ließ sie unter seinem Sweatshirt verschwinden, dann konnte er sich auch wieder Yoko zuwenden.
„Nein, keine Ahnung“, erwiderte Len relativ ratlos. Woher sollte er das denn wissen? Man hatte es ja gerade gesehen, wie sehr sie sich mochten, da hatte er sich noch nie die Mühe gemacht, ihm heimlich in sein trautes Heim zu folgen – auch konnte niemand ihm sagen, wo sich der Stinker nach und vor der Arbeit aufhielt, also blieb ihm dies ein Rätsel und für immer verborgen. Wohlmöglich wechselte Akio auch immer sein Versteck, schließlich war er nicht nur ein fleißiger Drogendealer, sondern ein auch stadtbekannter Unruhestifter, der öfters auch auf den öffentlichen Straßen Leute anpampte oder verprügelte, wie er lustig war.
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BeitragThema: Re: Gassengewirr   Gassengewirr I_icon_minitimeSa 17 Sep 2011, 13:24

„Dann eben nicht“, erwiderte sie schulterzuckend und wieder mehr beruhigt, dass er wohl wirklich nichts genommen hatte. Wieso hatte er aber dann gelacht? Sie konnte sich einfach keinen Reim darauf machen, weshalb sie das Thema mehr oder weniger offen stehen ließ. Wird schon nicht so wichtig gewesen sein – selbst, wenn sie sich wo reinbeißen würde können, würde sie wissen, wo er nun kitzlig war. Denn auf so eine Stelle kam man nun wirklich nicht, dass man da so empfindlich sein konnte! Ohnehin war nun wichtiger, was die Verhandlung anging, die sie bis eben noch mit Akio geführt hatte. Und, dass Len daran zweifelt, was Souta ihr erzählt hatte „Nun... ja, eigentlich schon. Auch weil das, was er mir erzählt hat mit dem übereingestimmt hat, was mir auch noch mal Akio erklärt hat. Nur weiß halt niemand über Nebenwirkungen Bescheid, weil es so gut wie keine Sau bisher getestet hatte und protokolliert hatte. Hm… du zweifelst wirklich daran, oder? Soll ich mir dann nur eine Flasche leisten?...“, fragte sie nach und legte den Kopf schief, ehe sie seinen Blick bemerkte, wie er sie anstarrte und sie ihn mal wieder zum stammeln gebracht hatte. Da war nun sie diejenige, die kurz auflachte, ehe sie verstand, was er ihr da vermitteln wollte. „Könnte man sagen, ja. Aber was erwartest du von jemand, der das schon einige Jahre über macht? Da sammelt sich durchaus einiges an. Und… ich hab sie mir wenn dann aus den Taschen gezogen“, korrigierte sie ihn und griff eben dieses Bargeld heraus. Die losen tausend Euro, die sie aus ihrem Portemonnaie entwendet hatte, presste sie noch unter das Gummiband, das das andere Geld festhielt, ehe sie es ihm hinhielt. „Und nicht mal gefälscht, wie am Anfang“, erzählte Yoko ihm weiter doch recht stolz über sich selbst. Die ersten zwei Jahre waren nämlich wirklich hart für sie gewesen. Da hieß es wirklich viel flüchten, ehe sie in den Drogensumpf fiel und auch dort viele Menschen ermordet hatte, nur um an eine Basis von Drogen zu kommen, die sie selbst nehmen konnte, oder weiter verkaufte. Auch war sie mal bei einer Bande von Falschgeldherstellern gewesen. Vielleicht… drei Tage, weil sie es einfach nicht lange mit denselben Personen aushielt, ehe sie eben auch diese nett – oder weniger nett – ausraubte und es in den Umlauf gebracht hatte. Von ihrer Vergangenheit hätte sie wirklich viel zu erzählen, doch wusste sie ja auch, dass er das Thema nicht sonderlich lieb hatte, weshalb es bisher recht verschwiegen wurde.
Es überraschte sie doch durchaus aber, als es Len wirklich solche Schmerzen bereitete, als sie ihm einen kleinen Piekser verpasste, weshalb sie sich dafür auch wieder entschuldigte. Sie wollte eigentlich nur testen, wie weit es denn fehlte, was da mit ihm war, dass es allerdings so schlimm war, damit hatte sie nicht ganz gerechnet. Aus diesem Grund winkte sie seine Entschuldigung auch ab. Letztendlich war sie ja nicht besser, dass sie ihm so etwas verschwiegen hätte – selbst wenn sie wegen dem Schwur nun daran arbeitete es eben nicht mehr zu tun. Aber es war halt nicht so einfach!
Langsam nickte Yoko auf seine Antwort. Es hätte aber auch sein können, dass er es gewusst hätte, wo dieser Kerl doch anscheinend das Sagen in diesem Viertel zu haben schien. Somit hieß es also einfach weiter zu warten, dass er hoffentlich in der nächsten halben Stunde aufkreuzte, damit sie genügend Zeit hätten zurück zum Hotel zu gelangen. Sie war sich nämlich nicht ganz sicher, ob Len das Gehen auch Schwierigkeiten bereitete, immerhin bewegte man sich ja da und so…
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BeitragThema: Re: Gassengewirr   Gassengewirr I_icon_minitimeSa 17 Sep 2011, 13:49

Len nickte ab. Eine eigentümliche Antwort, wie er fand, aber er korrigierte ganz bestimmt nicht so etwas, da gab es Besseres. Sprichwörter, beispielsweise. Er wollte sie ja nicht verletzten, oder sonst irgendetwas. Außerdem ergab es ja fast schon Sinn! Das ganze Thema allerdings hatte nicht allzu viel Sinn, weswegen er es einfach fallen ließ, wenn Yoko schon eine Steilvorlage dafür machte, indem sie ebenfalls kein einziges, armes Wörtchen mehr dazu äußerte. Aber es gab ja ohnehin gewichtigere Dinge, die man besprechen konnte. Drogen. Ingrid. Akio. Als so etwas eben, wovon Yoko auch strahlend viel zu erzählen hatte. Es war auch schon fast spannend, wie er, trotz allem bis zum Himmel angeödet, feststellte.
„Meinetwegen. Akio wird schon wissen, was er den Leuten andreht“, kommentierte Len beiläufig und zuckte unbekümmert mit den Schultern. Es schien ja eben ein ganz tolles Zeug zu sein, das wenigstens in der Gegenwart half. Und lebten sie nicht heute – und morgen konnte man sich um das zukünftige heute Gedanken machen. Das Hier und Jetzt war doch für sie bedeutend, also scheiß auf Nachwirkungen und bla, bla, bla. Das Alles schoss ihm in einem mehr als nur ironischem Ton durch den Kopf, aber er presste nur verheißungsvoll die Lippen aufeinander und zwang sich zu einem undurchschaubaren Lächeln, das man für jede Gefühlsrichtung deuten konnte. „Vielleicht zweifele ich. Aber ein Monat… Das ist doch nichts.“ Zumal sie eh jeden Tag einfach tot umkippen konnten, weil ihnen plötzlich eine Schwertspitze aus der Brust ragte. Man sollte nehmen, was man kriegen konnte, nicht wahr? Ganz nach dem Motto lebte anscheinend auch ein Betrunkener, der damit kämpfte, sich ein zweites, ergaunertes Paar Hosen anzuziehen, weswegen er auf einem Bein hüpfend aus dem Rattenloch stolperte und an seinen langen Stiefel scheiterte. Einmal schlug er der Länge nach hin, verhedderte sich in den schlackernden Hosenbeinen, konnte sich aber aufrappeln und torkelte weiter, ziemlich mit sich selbst zufrieden, durch die Gassen, bis er wieder außer Reichweite war. Über den ganzen Vorgang hob Len nur fragend eine Augenbraue, sagte aber kein Ton. Hier liefen eben manchmal komische Gestalten herum.
Erst, als er so phänomenal aus der Bahn geriet und Yoko über sein Verhalten lachte, war er wieder von dem erstaunlichen Anblick, der ihm immer noch vor dem inneren Auge spukte, losgekommen. „Dass er genug Geld hat, um nicht zu verhungern, aber den Rest immer fein für sein Zeug ausgibt, damit er sich immer öfter und immer mehr den Kick geben kann“, antwortete Len einfach zwischendrin, schließlich hatte sie ja eine Frage gestellt und die Antwort kam einfach, wie aus der Pistole geschossen – und das dann auch noch in einem sehr eindringlichen Tonfall, weil er es so einfach für … richtig hielt. Dealer, die einfach mal Sechstauend verprassen konnten – das erschien ihm einfach als falsch. Aber wieder einmal zeigte es ihm, wie laienhaft er sich ‚auskannte‘, schließlich stand ein lebender Beweis vor ihm und schien ihm sogar gerade beweisen zu wollen, dass seine Sichtweise falsch war. Angesichts der Scheinchen, die sie aus ihrer Tasche kramte, war dies eine berechtigte Annahme. Sichtlich erstaunt starrte er nur auf das Bündel und hob den Blick, fragte somit stumm für Erlaubnis, das wirklich mal anzufassen. Kaum, dass er es dann in den Händen hielt – schließlich hatte sie es ihm ja hingehalten – , sagte er, immer noch bemüht, die Fassung wieder zu erlangen: „Ich hab noch nie so viel Geld in der Hand gehalten.“ Da sagte er auch nichts darüber, dass Falschgeld doch ein ziemliches Wagnis war, wenn man sich in diesem Milieu herumtrieb, vor allem, wenn man mit Midori handelte. Die würde einen dafür schlicht und einfach ins Grab und zu den Wurzeln von Radieschen schicken, eiskalt! Dazu war Len schlicht zu überwältigt, kurz angebunden meinte er: „Danke-schö-hön!“ Dazu ein dickes Grinsen und er tat so, als würde er den Haufen in seinen Taschen verschwinden lassen, stieß sich ab und ging ein paar Schritte, bevor er mit einem „Spaß“ auf den Lippen zurückkehrte und ihr ihr Drogengeld wieder gab. Wer wollte schon reich sein!, dachte er sich und seine geistige Stimme kicherte nervös. Len musste zugeben, dass es durchaus reizvoll war, für das Geld einfach abzuhauen und sie auf Akio sitzen zu lassen. Sechstausend! Damit konnte er locker ein Jahr überleben, wenn nicht noch länger. Keine Sorgen, kein bisschen Arbeiten, nur ein wenig Herumreisen, um den wie Fliegen an ihm klebenden Kopfgeldjäger abzuschütteln. Fast schon sehnsüchtig seufzte er auf, wenn er daran dachte, dass das gar nicht so abwegig gewesen war – und jetzt gab sie das alles einfach für ein bisschen Ingrid aus! Ein weiteres Mal brachte dieser Gedanke ihn um die Fassung, aber schließlich hatte er sich ja auch wieder im Griff, sonst wäre eine weitere Unterhaltung ja nicht möglich.
„Macht nichts, konntest du ja nicht wissen“, winkte er ab, immerhin hatte er ja einfach nur eine Lüge auf den Tisch gebracht, anstatt die Wahrheit zu sagen, dass er sich noch immer hundeelend fühlte. Aber es gab sicher auch andere, die bei solchen Prügelattacken lieber weinen, als sich dem Feind stellen würden.
Len sah sich nach allen Seiten um, aber von Akio bisher keine Spur. Der Typ nervte ihn. Allein durch seine pure Anwesenheit, reizte dieses Aas ihn – und jetzt schaffte der Kerl es sogar, ihn zur Weißglut zu bringen ohne da zu sein, na wenn das mal keine lustige Angelegenheit war. Besser, wenn der Typ aufkreuzte, nicht, dass Yoko noch zu spät war. – Da echote übrigens ihre Stimme in seinem Kopf. Mich angucken? Ach Gottchen, das war doch nichts, er war einfach nur ein kleiner, weinerlicher Junge. Das brauchte man doch nicht von einem Arzt ansehen zu lassen… Aber das erwähnte er mal nicht. Denn genervt stöhnte Len auf und schüttelte den Kopf. „Der lässt sich doch sonst nicht so viel Zeit, sich seine Kohle abzuholen…“ Gerade, als er den Mund vom Klagen geschlossen hatte, bog der Riese um die Ecke und er hoffte inständig, dass Akio ihn nicht gehört hatte. Noch eine Tracht Prügel würde er höchst wahrscheinlich nicht überleben, jedenfalls vermutete er das stark.
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BeitragThema: Re: Gassengewirr   Gassengewirr I_icon_minitimeSa 17 Sep 2011, 16:57

Yoko grinste schief, da sie es doch recht belustigend fand, dass er einem Kerl, den er eigentlich hasste und der ihn gerade geschlagen hatte, mehr traute, als jenem Mann, der Arzt war und der Utsukushi selbst schon geholfen hatte. Vielleicht sollte sie ihn darauf ansprechen, was er denn so absolut gegen Souta hatte? Er war doch recht okay. Oh, oh! Langsam dämmerte es ihr, selbst wenn sie es sich kaum vorstellen konnte, aber ihr Liebster scheint tatsächlich eifersüchtig auf ihn zu sein! Stellte sich die Frage, warum? Denn ihre Eifersucht war doch immer absolut logisch begründet! (haha) Es waren jüngere, oder gleichaltrige, Mädchen – gut, Souta wäre wohl auch nur zwei Jahre älter als sie – und Len kannte sie schon von früher. Kannten sie sich schon länger und standen in gewisser Weise immer in der Schuld des anderen. Das traf ja auf sie nicht zu, wo sie den Kerl erst kennen gelernt hatte und ihn da erst einmal eine geklatscht hatte, bevor sie später mal in ein Gespräch gekommen waren – gezwungenermaßen. Und die Information über die Existenz von ‚Ingrid‘ hatte sie auch von ihm. Und wenn es doch nicht die gewünschte Wirkung haben sollte, dann würde irgendeiner – oder mehrere – büßen dürfen. So vertieft wie sie in Gedanken war, nahm sie seine Worte nur am Rande wahr, weshalb sie ihn fragend ansah und mit einem ‚Was?‘ nachhakte. Konnte ja sein, dass er gerade einen wirklich wichtigen Beitrag für diese Konversation geliefert hatte!
„Genau! So hat’s auch angefangen, bis man sich mehr und mehr auf die Seite gelegt hat, um mit immer mehr handeln zu können“,
ergänzte sie ihm enthusiastisch. So, wie er es formuliert hatte, hatte es wirklich angefangen. Wenn sie an die ersten Wochen zurückdachte. Sie hatte das alles ja nicht geplant gehabt und nur das hatte, was sie auf der Mission mit dabei gehabt hatte. Die Sachen, die sie Len gezeigt hatte, Kleidung, ein paar Brote, eine Flasche Wasser und etwas Kleingeld von dreißig Euro. Dann fiel sie auch ihren damals neuen Verbündeten in den Rücken und stahl auch ihnen Geld – irgendwie musste sie ja um die Runden kommen – und ihr heutiges Leben nahm nun ihren Lauf. Und wirklich bereuen tat sie es nun nicht mehr. Wie konnte sie das auch tun, wenn doch so ein wundervoller Mann neben ihr an der Wand lehnte? Also zeigte sie ihm auch das Geld, das sie heute mit sich trug, da er es ja immer noch nicht so geglaubt hatte, dass man so viel haben konnte. Auf seine unausgesprochene Frage, ob er es anfassen durfte, schwenkte sie nur kurz mit den Scheinen in seine Richtung, ehe er es auch wirklich nahm. Danach verschwand die Hand auch wieder in der Tasche und sie sah ihn grinsend an, wie ungläubig er den Packen Geld betrachtete. „Für alles gibt es ein erstes Mal“, kommentierte sie seine Worte nur und sah für einen Moment hoch zum Himmel, der noch immer strahlend blau war. Erst als er wieder etwas sagte, drehte sie sich zu ihm und beobachtete mit einem schräg gelegten Kopf seine Taten. Auf die Idee, dass ausgerechnet er sie wegen Geld verließ, kam sie nicht, weshalb sie auch ruhig an der Wand gelehnt blieb, ehe sie das Bündel wieder entgegen nahm. Es abermals in ihren Taschen verschwinden ließ. Eine Weile schwieg sie über das Thema. Konnte es vielleicht doch sein, dass er Geld brauchte? „Wenn du Geld brauchst, dann brauchst du dich nicht zu scheuen mich mal zu fragen, ja? Ich meine, wir sind doch verheiratet“, meinte Yoko mit einem breiten Grinsen, als sie sich an das erinnerte. Aber wirklich, wenn er Sorgen wegen so etwas hatte, dann brauchte er doch nur zu ihr kommen! War ja komisch, wenn sie zusammen waren und sie in Hülle und Fülle leben könnte und ihm kaum anderes übrig blieb, als auf der Straße zu leben – hätten sie denn diese Wahl. Denn so als Nukenin lebte man nun mal auf der Straße, oder auch gern im Wald.
Auf die Sache mit dem Pieken nickte sie noch einmal. Es hatte keinen Sinn es nun noch weiter auszuführen. Er würde einfach noch von einem der Iryonin untersucht werden und dann würde bestimmt wieder alles gut werden, wenn sie sagten, was denn mit ihm war! Davon war sie sogar wirklich mal überzeugt.
Eben wollte die junge Frau ihrem Liebsten wie fast immer zustimmen, dass der ja echt ewig brauchte für so ein einmaliges Geschäft, als auch sie ihn erblickte, wie er auf die beiden zugestürmt kam. Wenn er wirklich die ganze Zeit das Tempo gehalten hatte, dann musste er tatsächlich ein ganzes Stück weit weggewohnt haben. „Hast du schmierige Ratte gerade über mich hergezogen?!“, ertönte auch schon erzürnt die Stimme eben jenes Kerls, der so verhasst war und bäumte sich vor Len auf. Sie wollte nun wirklich nicht, dass es zu einem weiteren Streit kam, in dem der Blonde noch weitere Schläge erhielt. Ihm tat ja selbst die leichteste Berührung weh! Aus diesem Grund pfiff sie einmal. „Hier spielt die Musik – oder darf ich davon ausgehen, dass du das Zeug nun doch nicht mehr haben möchtest?“, sprach sie und stieß sich von der Wand ab, um sich neben die beiden Männern zu stellen. Noch einen todbringenden Blick schenkte er Len und etwas Gebrumme, das danach anhörte, dass er ja nichts dafür konnte, dass sein Pappkarton so weit hinten stand, ehe er sich Yoko widmete und die zwei Fläschchen verstohlen aus seiner Tasche zog. Diese waren gefüllt mit einem grünlich dickflüssigen Serum, das von der Substanz leicht an das bekannte Heroin erinnerte – abgesehen von der Farbe und, dass das hier mehr war. Sie zog den Packen Geld heraus und reichte es ihm, während sie das erste Fläschchen nahm und es beäugte. Sauber war es, wo es sogar in einer festen Folie extra verschlossen war. Auch sonst wies es keine Spuren von Dreck auf, weshalb es mit einer flüchtigen Bewegung in ihre Tasche geworfen wurde, ehe sie den Beutel LSD herauskramte und auch das zweite Ingrid erhielt. „Es war mir eine Freude Geschäfte mit dir zu machen“; hob Akio als erstes wieder das Wort. „Sag, wo werde ich wieder welche herbekommen?“, fragte sie noch hastig und sah zu ihm hoch. Beinahe hätte sie das nämlich vergessen. Immerhin hielt es nur vier Wochen an. „Ursprünglich müssten sie aus Kirigakure gekommen sein. Mehr weiß ich darüber nicht“, antwortete er ihr sogar großzügiger weise ohne etwas dafür zu verlangen. Immerhin war das in dem Geschäft ja üblich, dass man für jedes bisschen Information etwas hinblättern musste. Sie nickte ihm zum Abschied kurz zu, ehe sie zu Len sah und ihm bedeutete, dass sie nun endlich gehen konnten – was sie auch gleich tat: losgehen. Dass es aus Kirigakure stammte, würde erklären, dass Souta es so gut zu kennen schien, wo er doch von dort stammte. Nun, sie würde schon zeitig wieder neuen Stoff bekommen. Hoffte sie.
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BeitragThema: Re: Gassengewirr   Gassengewirr I_icon_minitimeSa 17 Sep 2011, 18:02

Yoko grinste. Warum grinste sie, warum tat sie das – das durfte sie nicht! Okay, eigentlich durfte sie das, aber Len fragte sich trotzdem, warum sie grinste. So witzig war’s ja nun auch nicht gewesen, was er gesagt hatte, genau genommen war es überhaupt kein Stückchen komisch gewesen, deswegen runzelte er nur nachdenklich die Stirn und schenkte ihr einen überaus fragenden Blick. In der letzten Woche – und es war ja noch nicht einmal eine Woche – hatte er sich so sehr daran gewohnt, ihre Gedanken jederzeit zu kennen, dass es für ihn eigenartig und seltsam erschien, wenn er Yoko nicht bis zum Inneresten durchleuchtet hatte und kannte. Ein resigniertes Seufzen, er würde ja eh nicht von allein dahinter kommen, was sie daran so amüsierte, dass er Akios Urteilsvermögen glaubte. Der Kerl war ungesagt brutal, im Vergleich zu ihm wirklich strohdoof und meist herrlich einfach auszutricksen, wenn man wusste, wie es ging, aber eines musste man ihm wirklich sagen: im Umkreis von mehreren Meilen war er wohl derjenige, der die meiste Ahnung von diesen Giften hatte, die sich die Leute freiwillig in den Körper schleusten. Mal ehrlich, wie dumm muss man sein?, schoss es ihm da kurzfristig durch den Kopf, aber er schüttelte ebendiesen nur und konzentrierte sich lieber auf andere Dinge. Er winkte ab, so wichtig war’s ja nun nicht gewesen.
„Hart“, sagte Len unverhohlen beeindruckt. Es steckte wohl doch mehr hinter all diesem Kram, als stupides hin- und her verkaufen und sich ab und an mal eine nette Line durch die Nase zu ziehen oder sich selbst eine mehr oder wenige sterile Nadel in die Venen zu rammen. Er verscheuchte diese Gedanken und all die negativen Aspekte, die durch solch ein Verhalten und den Konsum von etwaigen Drogen heraufbeschworen wurden, er musste nämlich gerade äußerst entzückt und mächtig erstaunt zugleich sein. Es war, wie er gesagt hatte: So viel Geld hatte er noch nie auf einmal in den Händen gehalten. Gesehen vielleicht mal aus einer weiten Ferne und mit sehnsüchtigen Augen, aber wirklich besitzen tat er immer nur höchstens ein Zehntel von dem, was Yoko jetzt einfach so an einen dahergelaufenen Dealer herauswerfen sollte. Er übersah mal ganz dezent den Fakt, dass sie das Zeug eigentlich wirklich brauchte.
„Schade, dass ich es dir wieder geben muss“, meinte er bedauernd, als er es ihr schließlich wieder in die Hand drückte, immerhin musste sie ihr Ingrid ja bald bezahlen und er wollte nicht, dass Akio sah, dass er sich wohlmöglich mit dessen Geld aus dem Staub machen könnte (was wirklich mehr als eine zarte Versuchung war).
Schweigen trat ein, aber es kam ja bald ein neues Thema an.
Nicht minder verblüfft, als eben, starrte Len sie an. „Mir will niemand wegen irgendwelchen Schulden die Kehle durchschneiden, wenn du das meinst“, erwiderte er und hob misstrauisch eine Augenbraue. Genau jetzt wünschte er sich noch mehr, sie einfach anfassen zu können, um zu erfahren, was für ein Gedanke ihr gerade durch’s Hirn gefleucht war, aber er ließ es bleiben, da er seinen sowieso schon belasteten Chakrahaushalt nicht noch weiter strapazieren wollte. Erst später registrierte sein einspurig laufendes Männergehirn den zweiten Satz und er begann, breit und vergnügt zu grinsen. Wirklich verheiratet waren sie ja nicht. Trugen ja nicht einmal Ringe, hatten es einfach aus heiterem Himmel beschlossen; wahrscheinlich dachte sie von sich selbst immer noch als ‚Yoko Utsukushi‘ und nicht anders.
Ein Glück, dass ebendiese nicht weiter über seine eigene Dummheit und den daraus resultierenden Folgen spekulierte. Spätestens zum Mittagessen würde er es kaum noch merken und nachdem er sich einmal nett hingelegt und ein Nickerchen gemacht hatte, dann würde er nur noch etwas spüren, wenn er irgendwelche Verrenkungen machte, oder man ihn netterweise kniff, oder ähnliches.
Es war, als hätten sich Lens Kiefer wie eine stählerne Bärenfalle zusammengehauen und er bekam sie bei Gott nicht wieder auseinander. Zu einer nett anzusehenden Salzsäule erstarrt, sah er den sich nähernden Akio an und konnte genau beobachten, wie sich sein angestrengter Gesichtsausdruck langsam in eine wutverzerrte Grimasse verwandelte. Kaum, dass der Kerl gereizt den Mund öffnete und ihm die ersten Worte Gift und Galle spuckend um die Ohren pfefferte, zuckte er zusammen und duckte sich ein wenig. Wie gesagt. Total keine Angst – eigentlich. Im Moment stand ihm eher nach winselnd im Dreck vor ihm liegen, als noch einmal Prügel zu kassieren, oder sich zu wehren. Alle Optionen würden ihm wehtun, aber die erste würde wenigstens nur sein Ego bluten lassen, und nicht etwa seine neugebrochene Nase. Doch bevor Len in einem kleinlauten Ton irgendetwas erwidern konnte, schritt Yoko ein und erleichtert sank er noch ein Stück in sich zusammen, rutschte ein wenig an der Mauer hinab, bevor sein Herz sich von dem schnellen, schmerzhaften Schlagen erholt und wieder beruhigt hatte. Später würde er sich ganz bestimmt über diese ganze Situation ärgern. Im Rattenloch, okay, da hatte er noch seinen Mann gestanden, aber jetzt hatte er nicht nur vor Akio zurückgezuckt, nein, seine vollkommen unbekannte Freundin hatte ihn auch noch retten müssen. Len bräuchte sich, wenn der Riese nur ein Wort ausplauderte, erst einmal nicht mehr in Kumogakure auftauchen, jedenfalls solange nicht, bis die ganzen Betrunkenen und Drogendealer an ihrem eigenen Erbrochenem und Zeug allesamt verreckt waren – die ganze Bande!
Erst, als Akio etwas davon redete, dass er einen ‚Pappkarton‘ besaß, konnte sich Len wieder zu seiner ganzen Größe aufrichten. Gut, er hatte nur ein Zelt, aber zumindest im Moment lebte er (auf Yokos Kosten, ist ja gut) in einem glänzenden, schönen, wohlriechenden Hotel mit grandioser Aussicht. Da fiel ihm sein Katana ein, das er bei Gelegenheit mal vom Dach holen sollte. Oh, und sein Messer, das er eigentlich mal in Akios Halsschlagader rammen könnte, aber die Sauerei wollte er keinem antun.
Mit einem möglichst unbeeindruckten Gesichtsausdruck sah er zu, wie illegale Substanzen und große Summen Geld – und noch mehr illegale Substanzen – den Besitzer wechselten. Eigentlich wollte er lieber schauen, als würde man ihn gerade an seinen eigenen Organen erhängen, weil es einfach so viel Geld war – aber naja. Er wandte einfach den Blick ab und starrte stattdessen an die dreckige Hauswand von gegenüber. Einmal blitzte das Gesicht des Trottels um die Ecke, der vorhin versucht hatte, eine zweite Hose über die erste anzuziehen, aber er verzog sich schnell wieder, als er Akio erkannte.
Erst, als das Wort ‚Kirigakure‘ fiel, widmete Len gezwungenermaßen dem Gespräch wieder ein bisschen seiner kostbaren Aufmerksamkeit. Unmut stand ihm ins Gesicht geschrieben, aber er sagte kein Wort – und das, obwohl er viele, nicht jugendfreie Flüche in den Himmel schreien wollte. Konnte man nur hoffen, dass Ingrid nicht das erhoffte Wundermittel war, was… irgendwie ein ziemlich egoistischer Gedanke war. Was war wohl die bessere Sache? Ingrid wahr und Kirigakure winkte ihnen freudig zu, oder Ingrid falsch und Yoko durfte weiter mit ihrer Schwäche und dem Tod kämpfen. Das Leben war hart und hielt immer wieder, sich freudig und sadistisch grinsend und die Hände reibend, ein paar heftige Zwickmühlen für alle Beteiligten bereit.
Wie ein treuer Hund – was ihm Akio übrigens hinterherrief, auch in Kombination mit dem Wort Ratte – trottete Len Yoko auf Befehl nach und kaum, dass Akio außer Hörweite war, grummelte er ein lautes, grimmiges: Dreck! Was auf einfach alles bezogen war.
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BeitragThema: Re: Gassengewirr   Gassengewirr I_icon_minitimeSa 17 Sep 2011, 21:21

Sie beäugte ihn eine Weile schweigend, wie auch er nun so in seinen Gedanken festhing. Ihr war es bis eben nicht anders gegangen, doch mussten die seinen wohl weitausgreifender sein, als die ihren, weshalb er immer noch so abwesend zu sein schien. Wieder etwas, was sie doch an ihm liebte. Es wirkte einfach immer so geheimnisvoll, wie sie fand. Und wie so oft würde sie da auch gerne wissen, was in ihm vorging – und würde wohl lachen, würde sie erfahren, dass er sich unteranderem darüber den Kopf zerbrach, was sie gerade gedacht haben musste. Irgendwo waren die beiden ja recht niedlich, wenn sie immer dem anderen gefallen wollten und hofften, dass alles gut war so, wie er/sie es bisher gemacht hatte.
„Hart?“, echote sie sein Wort als Frage nach, da sie mit dem Begriff in dem Zusammenhang nicht sonderlich etwas anfangen konnte. Das käme ja so rüber, als wäre es schlimm, was das für eine Wendung annehmen kann, wenn man denn das richtige Händchen dafür hatte. Doch war das doch gut! Oder? Also sie fand, dass es gut war. Wäre ja schlecht, wenn sie nach den Jahren wirklich gerade so noch um die Runden kam und immer so am Tod vorbeikratzte. Zugegebenermaßen tat sie das nun auch, aber war es nun ein anderer Grund, weshalb sie das tat. Geld hatte sie, momentan sogar eine wundervolle Unterkunft und sie nahm gerade gar keine Drogen mehr, wobei sie eben genau das auch inzwischen schon ins Grab beförderte. Das Leben war recht grotesk, wie sie fand. Vielleicht meinte er ja auch das mit ‚Hart‘. Wobei das ja keinen Sinn ergab, er würde kaum so wirr weiter denken, wie sie, wo er doch schlau war.
Auch seine nächsten Worte ließen sie wohl so weit denken, dass sie das sagte, was sie eben gemeint hatte, ob er Geld brauche. „Ich meinte zwar nicht nur das, aber ist gut“, meinte Yoko schulterzuckend. War ja nicht so, dass sie ihm ihr Geld aufzwängen wollte. Wenn sie so darüber nachdachte, war sie sich gar nicht so sicher, wie viel sie eigentlich noch besaß und was sie eigentlich vor hatte damit anzustellen. Letztendlich sah sie ja selbst, dass das große Glück nicht mit Geld zusammenhing, sondern ganz daran lag einen Menschen zu finden, mit dem man sein Leben verbringen wollte. Und Gott wurde sie gerade wieder schnulzig! Doch nahm die Utsukushi sich so weit vor die meisten Kosten ihrer künftigen Reise zu tragen, wenn er denn nicht auf etwas anderes bestand. Wie das morgige Pizzaessen, das er ja ausgeben wollte! Ihr einwöchiges also. Es war schon eine Sache für sich und ihr fiel ein, dass sie ihm ja auch noch etwas schenken wollte. Nun… irgendetwas würde ihr schon noch einfallen! Wobei es ja mehr daran hakte, dass sie immer gemeinsam unterwegs waren und es danach keine Überraschung mehr sein würde. Aber daran sollte es nicht zweifeln. Irgendwie schaffte sie es schon noch. Zur Not band sie sich einfach eine Schleife um und gab sich ihm selbst noch einmal als Geschenk hin. Darüber musste sie glatt wieder grinsen.
Eine andere Aktion nahm nun aber Überhand, als Akio so plötzlich auftauchte und sich beinahe wieder an Len vergriffen hätte. Der übrigens wie ein geschlagener Hund in sich zusammensackte und sie konnte schwören, dass er gerade fast schon zu winseln begonnen hätte, hätte sie nicht eingegriffen. Dabei hätte er es doch wissen müssen, wo sie es ihm versprochen hatte auf ihn aufzupassen. Außerdem wollte sie das Geschäft hier wirklich endlich zu Ende bringen. Hier herzukommen, der Zwischenfall mit der anschließenden Verhandlung und dem Warten, dass er endlich wieder aufkreuzte, hatte alles ewig gedauert, wie sie fand. An die drei Stunden, wenn sie nur noch eine Stunde Zeit hatten zeitig zurück zum Hotel zu gelangen. Wenigstens hatte sie die Situation wirklich schon wieder mit den paar Worten unter Kontrolle. Aber verständlich, dass man sich ein solches Geschäft nicht gern entgehen ließ. Wahrscheinlich wusste er eh nicht, was er mit ‚Ingrid‘ sonst noch hätte anfangen können, sah er ja nicht danach aus, als ob er so etwas schon einmal genommen hätte. Doch hatte sie da richtig gehört? ‚Pappkarton‘? Das konnte doch nicht sein ernst sein, dass er nur in einem Pappkarton hauste. Wobei es durchaus der Wahrheit entsprechen konnte, wenn er sich immer so aufführte, wie sie ihn gerade auch kennenlernen hat dürfen. Da würde er eine Wohnung wohl nicht mehr leicht bekommen – selbst mit Geld. Auch Hotels flogen dann raus, weil so jemand ja nur Gäste verschreckte, wo sie glatt an sich, Len und ihre gemeinsamen ‚Auftritte‘ im Hotel Edelweiss denken musste. Doch wenigstens verletzten sie niemand körperlich mit diesen Dingen!
Ein Glück, dass der Handel nun zügig von statten ging. Sie bekam für zwei Mal spritzen Ingrid und er Bargeld, sowie LSD in Pillenformen. Passabler Tausch also und sie konnten endlich abrauschen. Gut, dass len ihr auch wirklich gleich folgte und nicht wieder zu einer Salzsäule erstarrt war, wie vorhin.
„Hm? Lief doch alles relativ gut“,
erwiderte sie verdutzt auf seinen Ausruf hin. „Und wir schaffen es noch rechtzeitig in unsere Suite.“ Wobei sie da nun einen Gang rauflegte, weil sie vor hatte noch vor der Untersuchung die erste Probe zu testen. Wenn etwas passierte, dann wäre wenigstens gleich Hilfe da. Doch sah sie zwischendurch von den Augenwinkeln aus zu Len, ob er denn Schritt halten konnte. War ja nicht selbstverständlich, wie sie fand, wenn es ihm so dreckig ging. Da konnte durchaus passieren, dass diese Gehbewegung ihm auch Schmerzen bereitete. Wenn dem so wäre, würde sie wieder langsamer werden. Wäre ja noch schöner, wenn sie nicht mal auf ihn Rücksicht nahm! Und insgesamt hielt sie sich auch vor Augen nichts auf die Reaktion von ihm von vorhin zu sagen. Als sie das letzte Mal wirklich einen Witz auf seine Kosten gerissen hatte, hatten sie sich ja nur gestritten. Außerdem musste sie ja daran denken, dass er der Kerl mit dem normalerweise großen Ego war. Was nicht hieß, dass sie selbst gar keins besaß. Für eine Frau war das ihre nämlich auch enorm, nur war sie doch eben eine Frau, die bestimmte Dinge auch anders sehen konnte – selbst wenn es das hieß alles nur so weit zu verbiegen, dass es ihr selbst und ihrem Ego letztendlich wieder (wenigsten innerlich) wieder gut ging. Bei der nächsten Abzweigung blieb si abrupt stehen, da sie sich nicht ganz sicher war, in welche Richtung sie denn zu gehen hatten. Also lieber darauf warten, dass Len es ihr sagen, oder zeigen würde, anstatt unnötig irgendwo hinlaufen.
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BeitragThema: Re: Gassengewirr   Gassengewirr I_icon_minitimeMo 19 Sep 2011, 17:42

Len blinzelte, da sie anscheinend nichts aus Ton- und Stimmlage schließen konnte und wahrscheinlich war sie nicht ganz mit seiner persönlichen Bedeutung des Wortes ‚hart‘ vertraut (er hatte da seine spezielle Mehrdeutigkeit, um den Grad von Eindruck einzuschätzen). Deswegen und weil er Yoko ja nicht im Dunkeln tappen lassen wollte, musste er deutlicher werden. „Ich finde es erstaunlich, was du alles in dieser Szene erreichen konntest, wo du doch so klein und – äh – mit Blüten begonnen hast. Es ist verblüffend, was für ein System hinter diesem Sumpf steckt – was für ein Netz aus vernunftbegabten, offensichtlich noch nicht bis zur ultimativen Dummheit zugekifften Wesen das alles organisiert und zusammenhält…“ Er hielt inne, schöpfte ein wenig Atem und sah sie sogar mit einem relativ fröhlichen Lächeln an, wenn man bedachte, dass er gerade von Akio geprügelt wurde und er über ein Thema redete, dass er sonst nicht einmal mit Schutzanzug anschneiden würde. Schließlich fügte er hinzu: „… das finde ich ausgesprochen interessant.“ Was ein riesiges Zugeständnis war. Vielleicht hing es damit zusammen, dass da anscheinend Unsummen von Geld über den Tisch wanderten, oder damit, dass er einfach auch irgendeinen Aspekt an Yokos „Hobby“ hatte finden wollen, der das Ganze weniger abstoßend und mehr erträglich machte – aber im Endeffekt war es ihm auch vollkommen gleich, woran es lag.
Apropos Geld – das Thema schwenkte ein wenig um. Ein bisschen irritiert sah Len sie dann ja doch an, da ihm nicht vollkommen klar werden wollte, wieso sie anscheinend ein großes Interesse darin hegte, ihm ihr Geld anzudrehen, oder eben auch nicht. Er meinte langsam: „Naja, du wirst mich schon nicht verhungern lassen, oder?“ Für ausgesprochen mehr brauchte er ja kein Geld und wenn alles hart auf hart kam, dann würde er sich halt der Natur bedienen, dort liefen ja genug potentielle Mittagessen herum. Wozu er dann noch höchstens Geld brauchte, das war, um Yoko vielleicht mal Blumen oder so zu kaufen, aber es wäre ja ziemlich albern, ihr von ihrem Geld etwas schenken zu wollen, außerdem hatte ihn ja ein unverhoffter Geldsegen ereilt, in Form von einem dummen, grünhaarigen Straßenkind.
Die Szene, in welcher ihm Akio wie der letzte Wurm aussehen ließ, würde Len nur zu gern aus seinem Gedächtnis löschen. Der Kerl war zwar ungeheuer unberechenbar, aber trotz allem gab er ein jämmerliches Bild ab, wenn er so vor jemandem zusammenzuckte…, egal wer er war. Da war es ihm auch schnurzpiepegal, was Yoko von der ganzen Sache hielt. Ihr ‚gut‘ hallte noch Ewigkeiten in seinem Kopf nach, aber er fragte sie mal nicht, wie sie einen solchen Auftritt als ‚gut‘ befinden konnte.
Irgendwann schaukelte sich die Wut auf sich selbst allerdings so sehr auf, dass es fast schon aus ihm herausplatzte:
„Das lief nicht gut, das lief alles andere als gut! Zumindest hier in Kumogakure ist mein Ruf im Eimer und ich werde hier höchstens an Geld kommen, wenn ich mir einen dieser bescheuerten Hüte aus diesem verhexten Laden vor die Füße schmeiße und einen ähnlich erbärmlichen Eindruck wie eben hinterlasse! Und dein Drogenzeug, ja? Dieser dämliche Scheiß – du hast eigentlich keine Ahnung, ob das was hilft und gibst einfach mal locker sechstausend Kröten dafür ab. In den ganzen zwei Jahren, die ich wie ein kleiner, dreckiger Landstreicher mein beschissenes Dasein friste, habe ich nicht einmal annähernd die Hälfte von dem Batzen Geld ausgegeben! Vielleicht haben wir bald nichts mehr zu fressen und du sitzt dann auf einen Nichtskönner-Selbstmordpillen und denkst dir: zumindest war’s einen dummen Versuch wert – aber das ist es nicht! Das Einzige, was du damit erreichst, ist dir eine blutige Ellenbogenbeuge zu holen und dir deine Organe in die Versenke zu treiben, damit du bald noch mehr Zeug brauchst, um die verdammten Qualen und Schmerzen zu ertragen und dann bin ich da und kann dir nur wie Yuma sagen: ‚Ich hab’s dir doch gesagt!‘ Und vielleicht hast du dann noch andere Spätfolgen, vielleicht fallen dir Haare und Zähne aus und ich darf mich dann mit dir zeigen und sagen: ‚Ja, genau, das ist die Frau, mit der ich mich jetzt schon Ewigkeiten abgebe, die aber einen Scheiß auf meine Worte gibt!‘ Oh, wie ich mich freue. Ach ja – ich scheiße auf die Suite! Ich scheiße übrigens auch auf diese Iryonin. Vor allem scheiße ich auf diesen Idioten von Souta! Das einzige, was diese Kafatzken hinbekommen, ist, dich zu begrabschen, mich zu provozieren, dumme Sprüche zu klopfen und dich mit Ingrid noch schneller und effektiver in den Tod zu treiben, schön, nicht? INGRID! Was ist das eigentlich für ein zurückgebliebener Name, welcher Spastiker gibt seiner blöden Droge eigentlich so einen Namen? Das nimmt doch kein Arsch ernst! Und dann noch dieser verkackte Kram mit Kirigakure, du wundersamer Ort voller Ingrid. Streckst noch immer deine eiskalten Klauen aus, um mich umzubringen, was? Das würde dir so passen. Ich meine: Was soll das!? Was habe ich eigentlich getan, um so etwas zu verdienen? Habe ich denn nicht langsam irgendwie genug für meine Geburt gebüßt? Ihr seid doch alle erst zufrieden, wenn ich mir selbst die Kugel gebe! Und … au… Ich glaube, ich habe es nur schlimmer gemacht…“
Den ganzen Ausbruch über hatte er wild gestikuliert und schön laut herum gebrüllt, als würde es keinen Morgen geben und das büßte er nur damit, dass ihm gegen Ende die Stimme so langsam aber sicher versagte und sein lädierter Bauch nur noch deutlicher mitteilte, dass Sprechpause angesagt war. Durch das gesamte, hektische, schnapphafte Luftholen, für das er sich kaum Zeit gelassen hatte, hatte er wohl immer zu viel die Bauchmuskeln angespannt…
Schließlich ging er einfach nur noch schweigend in sich selbst herumbrütend an ihr vorbei, denselben Weg zurück, wie sie hingekommen waren. Der Angreifer lag noch dort, wo sie ihn Blut sabbernd zurückgelassen hatten, und um nicht noch einmal solch eine lange und schmerzverursachende Hasstirade an sein Leben anzustimmen, trat er dem Typen noch einmal kräftig in die Rippen, um auch das letzte bisschen Wut verrauchen zu lassen, ehe er seinen Weg fortsetzte.
„Die Welt hasst mich“, grummelte er unzufrieden und als wäre es eine Vorahnung, so blieb er drei Gassen vor den normalen, sicheren Straßen stehen, weil er glaubte, Schritte hinter sich gehört zu haben. Er wollte Yoko gerade fragen, ob sie auch etwas – außer ihm und sein Gebrülle – gehört hatte, da kam die grausige Gewissheit in Form von einer schneidendkalter Stimme:
„Tötet die Überflüssige.“
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BeitragThema: Re: Gassengewirr   Gassengewirr I_icon_minitimeMo 19 Sep 2011, 18:59

Sie nickte langsam, um zu verstehen zu geben, dass sie es nun kapiert hatte, was er gemeint hatte. „Ich nehme das mal als Kompliment an, dass du mich nicht mehr für ultimativ dumm hältst. Aber irgendwelche Leute müssen halt auch bei diesem Zeug weiter oben stehen. Vor allem die, die reisen können und Sachen von einem Ort zum anderen bringen können. Die sind ja nicht überall gleich weit“, erklärte sie schulterzuckend. Für sie selbst war das einfach so normal alles. Wohl so normal, wie es für Len war gern in einer gehobener Sprache zu sprechen.
Yoko grinste schief. „Hatte ich nicht vor. Außerdem wie käme ich dazu nun selbst wirklich mal zu essen anzufangen und du wirst immer dürrer?“, entgegnete sie ihm kopfschüttelnd. „Sonst machen wir als Paar einfach eine gemeinsame Kasse auf, wie so äh… normale Eheleute!“, schlug sie einfach mal frei vor. Ob er es ernst nahm, oder nicht überließ sie mal schön ihm selbst. Sie hatte nun mal viel auf die Seite gelegt, worauf sie auch immer noch ohne Bedenken zurückgreifen konnte, wenn es wirklich passieren würde, dass sie ihr Geld zusammenlegten. Wäre doch auch ein besonderer Vertrauensschritt, oder?
Das Nächste hatte die junge Frau nicht kommen sehen, weshalb sie nun diejenige war, die jämmerlich zusammenzuckte und ihn anstarrte, wie sonst wen. Noch nie hatte sie bei ihm einen solchen Ausbruch erlebt. Überhaupt, dass er schrie schien ihr er mehr so, als würde sie gerade träumen. Hätte einen Albtraum. Auch, dass er so viel in einem Zug sagte! Als er geendet hatte, schloss sie wieder ihren Mund und richtete ihren Blick mit den vor Angst geweiteten Augen nach vorn. „Tut mir leid…“, antwortete sie ihm nach einer Welle des Schweigens, in der sie sich selbst wieder einigermaßen gesammelt hatte. Sechstausend waren in ihren Augen nun einmal akzeptabel gewesen und sie hatte ja noch genügend von den Scheinchen. Sie konnte doch nichts dafür, dass sie das nun die Jahre über zusammenbekommen hatte, im Gegensatz zu ihm! Jeder schlug im Leben des Nukenin nun einmal seine eigenen Wege ein. Sie gehörte zu denen, wie sie im Buche standen und vor denen immer gewarnt wurde und die die Rufe der guten – oder waren die so gesehen nicht die verdammt schlechten? – Nukenin, wie von Len zerstören. So sagte sie lieber nichts mehr weiter auf ihr Vermögen, nicht, dass er das noch weiter in den falschen Hals bekam. Was den Namen Ingrid anging, hatte sie sich dasselbe gedacht. Doch musste man sich heutzutage doch auch etwas ausdenken, dass es eben nicht ernst genommen wird, wenn es ernst sein solle. Und wer in aller Welt sagte, dass sie nun nach Kiri gehen würden? Ihr Ziel war doch schon als Iwa fest! Bestimmt gab es auch dort wieder etwas, wenn sie immer noch darauf scharf sein sollte.
Letztendlich folgte sie ihm also weiter still schweigend die Gasse entlang, bis er wieder zusammenhängende Worte aussprach und sie versuchte ihn sanft anzulächeln. „Gut, dass ich dann nicht zur Welt gehöre. Ich liebe dich nämlich.“ Sie atmete tief durch. Hoffte, dass er das wirklich nicht vergaß und sich vielleicht auch wieder beruhigte.
Im Gegensatz zu ihm hatte sie da heute ihre Vorahnungen, ihre Paranoia, in Stich gelassen. Lag wohl daran, weil sie gerade zu viel Angst hatte, was Len anging. Hätte doch sein können, dass er nach diesen Worten einsieht, dass sie doch nicht die richtige für ihn war und er mit ihr Schluss machte? Umso überraschter drehte sie sich um, als sie die Stimme vernahm mit nicht sonderlich zimperlichen Worten. Sie waren alleine hier in dieser Gasse – bis auf dem armen Hund von vorhin – also mussten sie gemeint war. und Überflüssige…. Da musste ja sie gemeint worden sein. Drei Oinin standen hinter ihnen. Also wirklich für sie, oder genauer gesagt für Len bestimmt, wo er doch mehr mit Kirigakure zu tun hatte.
Es ging viel zu schnell und sie war geistig, wie auch körperlich, noch viel zu abwesend, als dass sie richtig hätte reagieren können. Einer von ihnen rannte mit gezogenem Schwert auf sie zu, sodass sie den Schlag nur noch mit den Händen hat abfangen können. Was sich als keine außerordentlich gute Idee herausstellte. Einzig Positive: Sie hatte keinen Finger verloren! Dafür hatte es sich unschön durch die linke Hand gebohrt. Hoffentlich keine bleibenden Schäden… Sonst wäre der ‚nur‘ abgeschnittene Finger das kleinere Opfer gewesen. Aber immerhin schaffte sie es durch die Aktion dem Oinin das Schwert mit einem Ruck zu entwenden. Leider Gottes Willen war sie bekanntlich unbegabt in diesem Waffenkampf, wenn sie auch nur eine Hand nutzen konnte, weshalb sie es mit dem Griff voran in Lens Richtung schwenkte. Es war ja nun eindeutig wichtiger, dass er bewaffnet war und sich schützen konnte, wo sie ja hinter ihm her waren.
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BeitragThema: Re: Gassengewirr   Gassengewirr I_icon_minitimeDi 20 Sep 2011, 16:50

Len war glatt stolz auf sich, dass er ihr das hatte erklären können, was er ihr hatte sagen wollen. Zwar konnte er ziemlich gut Sachverhalte auffassen, aber in verständlicher Form wiedergeben und es anderen Leuten auch noch nahe bringen – das war schon eine Sache für sich, an die er sich dann doch nicht herantraute. Eigentlich. Aber das war ja ziemlich simpel gewesen und außerdem vollkommen in ihrem Fachgebiet, warum also auch nicht?
„Ich… ich habe dich nie für ultimativ dumm gehalten!“, schnappte er und suchte nach einer Ausflucht, die ihm aber nicht auf der Stelle einfallen wollte, so klappte er den Kiefer einfach wieder zu und hörte sich an, was sie noch zu sagen hatte. Hierarchien im Drogengeschäft… Stimmte ja mit Midori überein, die etwas von einem Ring aus Anfängern und Betrügern geredet hatte, die man außerhalb des Rattenloches fand. Schien alles komplexer zu sein, als er es sich immer ausgemalt hatte, vielleicht war es ja doch mal wert, ein paar Blicke mehr in dieses Milieu zu werfen – man musste ja nicht gleich anfangen, sich das Zeug selbst reinzupfeifen, aber wenn man solch lukrative Geschäfte machen konnte… Doch sollte er das alles mal ihr überlassen, die in diesem Business bekannt war und auch Ahnung davon hatte, wie das funktionierte. Er gaunerte sich halt seine Almosen zusammen und fristete ein glückliches Leben als ihr kleines, unwissendes Anhängsel, das darauf angewiesen war, dass während des Essens ein Happen vom Tisch fiel, den er sich dann in den Rachen stopfen konnte…
„Oh, gut“, sagte Len nur noch. Wie gesagt. Er wollte sich kein Geld leihen, verhungern wollte er dann aber auch nicht. Zum Thema ihres Gewichtes wollte er dann ja doch nichts sagen, er war in einem erhitzten Gemüt und das Gespräch in diese Richtung zu leiten war immer ein bisschen heikel. Er hatte einen viel zu groß ausgeprägten Beschützerinstinkt, was sie anging, den er nie und nimmer mit seinem kümmerlichen Können ausgleichen konnte.
„Ich würde dir all mein Geld auf Silbertabletts geben, aber bei einer gemeinsamen Kasse würde ich mir irgendwie dumm vorkommen, wenn ich da nur so ein paar magere Piepen zusteuere…“ Möglicherweise war bei ihm im Hirn aber auch einfach nur dieses veraltete Bild von der Rollenverteilung von Mann und Frau verankert geblieben, kombiniert mit seinem sowieso verletzten Ego machte das keine gute Suppe.
Folgend musste Len sich aber erst einmal so richtig auskotzen und sich über alles beschweren, was er in seinem Leben im Moment nicht wirklich gut fand – und davon gab es nun einmal eine Menge. Im Endeffekt suchte er nur nach ein wenig Aufmerksamkeit und Trost, wo er doch heute eindeutig keinen guten Tag gehabt hatte, aber einfach darum zu bitten: ‚Knuddele mich und vergiss den Scheiß!‘ – das ging dann mal wieder gegen seinen Männerstolz. Außerdem war er wütend auf sich und musste das irgendwie auf andere abwälzen, damit er nicht plötzlich aus fünfzehn Meter Höhe einen Kopfsprung mitten auf die Straße machte.
Einmal atmete er nach dem Wutausbruch noch zittrig ein und aus – und dann tat es ihm auch schon wieder leid. Wenn er sich Yoko so ansah, dann wollte er sie knuddeln und auf Knien um Vergebung bitten, aber ihm hatte es einfach die Stimme verschlagen. Zu viel geredet. Da sie ebenfalls nichts sagte, starrte er nur zu Boden und setzte seinen Weg fort. Es dauerte ein wenig, aber dann entschuldigte sie sich. Sie? Wieso sie? Hatte er sie nicht gerade unberechtigt angeschrien?
„Sch-schon gut… I-ich weiß nicht, was in mich gefahren ist…“ War schon eine verdammte Meisterleistung, ihn dazu zu bringen, so viel auf einmal zu reden! Er konnte sich nicht erinnern, jemals ähnlich viel von sich gegeben zu haben. Wahrscheinlich lag es daran, dass er noch nie so sauer gewesen war und den Anderen nicht verprügeln durfte.
Später an diesem Tag fing Len ihr Lächeln auf, nachdem er vor sich hergegrummelt hatte, und sah sich gezwungen, zurückzulächeln. Alles konnte scheiße sein, der Tag, die Woche, sein Leben – aber solange sie lächelte, konnte er das auch. So lächelte er und setzte an: „Ich l– “ Doch kam er nicht dazu auszureden. Erst hörte er Schritte, die ihm verdächtig gesund vorkamen (liefen hier nicht nur Bekiffte, Betrunkene und Idioten herum, die nicht gehen konnten oder zwei Hosen anhatten?) und nun ja. Dann war es augenscheinlich zu spät, um irgendetwas zu erwidern.
Er fuhr herum und starrte in die drei Fratzen von irgendwelchen blöden Oinin, die anscheinend wegen irgendetwas hier in Kumogakure waren und irgendwie wurde er das Gefühl nicht rum, dass es sich bei diesem ‚Etwas‘ um ihn handelte. Nach so langer Zeit? Wie kamen die denn bitte darauf? Aber nun gut…, es war nicht das erste Mal, dass man ihn aufspürte. Zwar hatte er nun eine große Priorität, und zwar Yoko vor dem drohenden Tod zu bewahren, etwas anderes hatte der Typ in der Mitte ja nicht gesagt. Die Überflüssige würde ja wohl kaum er sein, es sei denn, der Oinin wollte sich einen blöden Scherz erlauben.
Ein Kerl von der Dreiergruppe schien sich von dem Befehl angesprochen zu fühlen und war fast innerhalb eines Wimpernschlages bei Yoko angelangt, sodass Len erst einmal verwundert blinzelte. Manche Menschen waren wirklich… schnell. Hut ab. Trotzdem sollte dieser Kerl leiden, dafür, dass er ihr wehgetan hatte! Blut. Blut war nicht gut. Das reimte sich, also musste es stimmen. Was machte sein Verstand? Er sollte sich verdammt nochmal darauf konzentrieren, nicht wie ein geistig Verwirrter nach vorne zu starren und ungläubig die zwei Verbliebenen mit seinem Blick töten zu wollen, was nämlich nicht gerade einfach war. Einmal den Kopf schütteln – dann bemerkte er auch der Schwertgriff, der in seine Richtung schlenkerte. Da er das als eindeutiges Signal sah, dass er das Ding annehmen sollte, wo sie es doch mit Einsatz von Blut bezahlt hatte, nahm er das Ding an und vertrieb den ersten Angreifer mit einem unbalancierten Schlag aus der unmittelbaren Nähe, da der Typ seinen Arm wohl behalten wollte, der gerade zur Waffentasche griff.
Noch immer war er ein bisschen viel zu sehr überrascht, um zu registrieren, was eigentlich gerade geschah. Nur eines tat er, als dann doch alle drei einen Satz in ihre Richtung taten – das neue Schwert heben und angriffslustig nach denen hieben, die es wagten, noch näher zu kommen. Es war knifflig, dieses neue Schwert zu führen, wo seine rechte Hand ihm bei jeder unüberlegten Bewegung wehtat und er von seiner Beweglichkeit gar nicht anfangen musste (danke, Akio, du Arschgesicht!).
Mit dem Ausruf: „Wehr dich nicht, du nervige Pest, dich will der Chef lebend!“, stürzte der augenscheinliche Anführer vor, trickste mit einer Rauchbombe –Len fühlte sich, als würde er sich die Lunge aus dem Leib husten – und dann gab es nur noch einen explodierenden Schmerz im Hinterkopf, der ihn auf die Knie schnickte und Sterne sehen ließ. Aber stolz durfte er trotzdem auf sich sein – das Schwert ragte dem Typen, dem es anfänglich gehört hatte, nun im Unterleib zu beiden Seiten hinaus, dann ließ er los (er musste seinen Schädel abtasten, weil ihm das Denken noch schwieriger wurde, aber bis auf ein bisschen warmes Blut fand er nichts – halt, Blut?!) und sah sich im dünner werdenden Rauch und mit zu Tränen gereizten Augen nach Yoko um. Hoffentlich ging es ihr gut… Hoffentlich ging es ihr gut. Ich bitte dich, oh Gott, in deiner unaussprechlich großen Güte, dass es ihr gut geht!

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BeitragThema: Re: Gassengewirr   Gassengewirr I_icon_minitimeDi 20 Sep 2011, 18:05

Yoko grinste schief und verkniff sich ein Lachen. „Ich weiß, dass ich nicht unbedingt die Schlauste bin – aber hey, dafür hab ich ja dich“, meinte sie fröhlich gelaunt, weil er ja momentan prinzipiell Interesse an den Drogengeschäfte zeigte. Und nur weil man handelte, musste man doch nicht gleich selbst welche nehmen. Wobei man es irgendwann einfach immer mal ausprobieren wird, wenn man schon solche Sachen ständig in den Händen hielt. Unvermeidlich – zumindest nach ihrer Meinung.
Wieder einmal nickte die junge Frau, um zu zeigen, dass sie seine Ansichtsweise verstand und sagte nichts weiter darauf. Sie waren nun einmal ein recht unnormales Paar. Es fehlte wirklich nur noch, dass sie ihn noch in der Größe mit acht Zentimeter überragte, dann könnten sie sich überlegen sich umoperieren zu lassen, damit es wieder normal aussehe. Nur gut, dass sie das unnormale so viel lieber hatte! Außerdem waren sie ja dann eine Rarität auf dem vergebenen Markt.
Nach dem folgenden Wutausbruch herrschte erdrückende Stille zwischen ihnen, bis sie sich entschuldigte und er es nicht sonderlich annehmen wollte. Sie seufzte. „Nichts ist gut. Du bist immerhin unglücklich mit dem, was ich tue“, begann sie und zögerte mit ihren nächsten Worten, die doch allemal Überwindung benötigten. „Aus dem Grund werde ich den Rest wohl noch verkaufen und… es wird wohl noch irgendeine andere Möglichkeit geben wieder gesund zu werden, außer eine Droge mit einem Billignamen.“ So, jetzt war es raus! Womit sie die Hälfte ihres Lebens einfach ‚wegwarf‘. Aber was hätte sie sonst tun können? Wenn sie vor so einer – für sie grausamen – Wahl gestellt wurde, würde sie sich natürlich für den entscheiden, den sie über alles liebte und mit dem sie den Rest ihres Lebens verbringen wollte – der nun voraussichtlich früher kam, als geplant!
Wie aus dem Nichts tauchten Ninja aus Kirigakure auf und wollten sie töten und etwas mit Len anstellen, dem war sie sich inzwischen bewusst. Also musste sie etwas tun, damit das nicht passieren konnte! Womit Das Handopfer nur gering war. Wenigsten konnte sie ihm nun eine Waffe reichen, mit der er sich verteidigen konnte. Wie gesagt, sie konnte damit gerade nichts anfangen und sie musste ihre Zähne zusammenbeißen, als er sie ergriff. Immerhin steckte da noch ihre Hand dran, die sie nun rausziehen konnte. Ein höllisch, brennender Schmerz durchströmte ihren Körper, ausgelöst durch diese Wunde. Sie war eben der Typ, der eher Schläge besser wegstecken konnte. Also das genaue Gegenteil zu Len! Der im Übrigen auch nicht ganz so tollig mit der neuen Waffe zurechtkam. Trotz allem wich sie vorerst zurück, da sie ja nicht ausversehen noch einen Schlag von ihrem Verbündeten abbekommen wollte. Eben deshalb, weil sie ein Stück hinter ihm stand, konnte sie noch rechtzeitig einen Arm vor den Mund halten, bevor der Rauch auch zu ihr gelangte. Dumme Sache nur, dass man nichts mehr sah, weshalb sie auch den nächsten Angreifer erst etwas zu spät erkannte. Oder das, was geschickt wurde. Senbons. Diese dummen Dinger aber auch! Da sie noch teilweise ausweichen konnte, wurde lediglich ihr linker Arm erwischt. Hatten die es irgendwie auf ihre linke Seite abgesehen?! Oh, natürlich, ja. Ist ja eigentlich klar. Linke Seite war ja auch das Herz. Die machten also keine Späße, dass sie sie umbringen wollten. Nicht, dass sie das geglaubt hätte, aber eine solche Methode… Waren sie also nicht sonderlich zimperlich was das Töten anging. Einige Nadeln steckten nun in ihrem Arm. Die, die es geschafft hatten sich durch den eigentlich dickeren Mantel zu bohren. Wie unvorsichtig sie doch war, dass sie keine Waffe dabei hatte. Richtig naiv! Wo sie doch wusste, wo sie hingingen, da ging man nicht einfach ohne Waffen los. Ihr wurde es schwummrig, weshalb sie einen Schritt zurückfiel, um noch stehen zu bleiben. Lag bestimmt an dem Rauch, von dem sie nun doch etwas einatmen musste, als sie ausgewichen war – was sie sich ja fast hätte sparen können. Eben dieser Rauch lichtete sich, sodass das Ausmaß dessen zu sehen war, was nun geschehen war. Entsetzt sah sie auf Len hinab, der einige Meter Abstand von ihr hatte. Blutend auf dem Boden lag. Doch musste sie ihren Kopf schütteln, da ihr das Bild vor den Augen zu verschwimmen drohte. Wieder tat sie einen unsicheren Schritt rückwärts. Für Außenstehende musste es so wirken, dass sie A) recht betrunken sein musste und B) Reißaus nehmen wollte. Doch hatte sie weder A getan, noch würde sie jemals B tun, wenn es da um Len ging! Die Erklärung für ihr Handeln war einfach, was sie auch selbst noch feststellen durfte, als sie sich eine Nadel aus dem Oberarm zog. Ein schwarzer Tropfen perlte davon ab. Gift. „Ihr wisst schon, was das für ein uncooler Tod ist, richtig?“, fragte Yoko nach dieser Erkenntnis und lachte laut auf. Das war eindeutig nicht das, was sie sich so vorgestellt hatte. Denn wenn es ein todbringendes Gift war, dann war es nun tatsächlich aus mit ihr. Außer sie waren Sadisten und es war lediglich lähmend, damit sie noch spielen konnten. Ob sie die Antwort erhalten würde? Das sehen wir, wenn das Licht aufgeht! Oder, wenn sie es unerwarteter Weise alles überlebte, ohne, dass der Stoff aus ihrem Körper gezogen wurde. Trotz allem wollte sie keinesfalls, dass es ein solches Ende hatte, weshalb sie noch die anderen Nadeln rauszog und mit der rechten Hand den Übeltäter zu sich winkte. „Put, put, put, put, komm zu mir mein Vögelchen und kämpfe wie ein Kerl – falls du denn einer bist. Wenn nicht, sag ich einfach mal, dass du einer wärst.“ Es wunderte sie tatsächlich selbst, dass sie in der Lage, in der sie sich gerade befand, noch Witze reißen konnte. Aber wenn schon sterben, dann möglichst würdevoll! Vor allem, wenn da noch ihr Len bei zusehen musste. Er sollte sie als die starke Persönlichkeit in Erinnerung behalten, für die er sie immer gehalten hatte - bevor es ihr nun so mies ergangen ist.
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BeitragThema: Re: Gassengewirr   Gassengewirr I_icon_minitimeMi 21 Sep 2011, 07:58

Man konnte fast sehen, wie Len anfing zu dampfen und zu rauchen, als würde er bald in tausend Einzelteile explodieren, was alles daran lag, dass er einfach die Zähne aufeinander presste und nichts darauf sagen konnte. Er wollte ja! Aber ihm fiel nichts ein. Natürlich hatte er sie anfangs für den unterbemitteltsten Menschen gehalten, der ihm bisher untergekommen war, was eindeutig daran lag, dass sie immer nur die Hälfte verstanden hatte, was er hatte sagen wollen. Aber darüber war er ja jetzt schon lange hinweg, schon ganze sechs Tage! Er hatte sie näher kennen gelernt, als irgendeinen anderen Menschen, weil er Interesse an ihr und ihrem Leben hegte, auch wenn ihm nicht immer alles gefiel, was sie tat. (Es gab so viele negative Aspekte an ihr, dass man ewig brauchen würde, um diese Liste zu erstellen… Aber das Positive, das er in ihr sah, überwog durch die Intensität! Jedenfalls redete er sich das so ein.)
„Ja“, würgte Len schließlich hervor, weil er sich schlecht dabei fühlte, ihr bei so etwas zuzustimmen, „dafür hast du mich.“ Wozu sie Intelligenz und somit ihn eigentlich brauchte, war ihm schleierhaft, immerhin hatte sie es ganz allein zur Spitze geschafft, während er noch dort herumdümpelte, wo er am Anfang gewesen war. Okay, man kannte ihn mittlerweile selbst in den kleinsten, zwielichtigen Ecken, oder man hatte zumindest mal seinen Namen gehört – aber wirklich bringen tat ihm das nichts, wenn es im Moment nichts gab, was man anderen für Geld erzählen konnte. Nun ja, vielleicht sollte er sich auch einfach mit dem Gedanken anfreunden… So schwer würde das schon nicht werden! Er hatte sich ja auch schon mit so vielen anderen Dingen anfreunden müssen, da wäre es ja gelacht, wenn er es nicht schaffte, zu akzeptieren, dass das Mädchen, das er liebte, unheimlich einfach an Geld gelangen konnte und das auf eine nicht allzu schmutzige (wenn auch mindestens genauso gefährliche) Art und Weise.
Sie hatten schon früh festgestellt, dass Schweigen nichts Gutes zwischen ihnen war. Selbst, als sie sich noch den Tod und alles Mögliche an den Hals gewünscht hatten, war es unerträglich gewesen, wenn jemand still war und partout nichts sagen wollte. Manchmal brauchte der Mensch mal Pausen…, aber er wollte ja mit ihr reden…!
„Ah…hm…“, machte er nur unschlüssig und kratzte sich nachdenklich an der Wange. „Nein, das geht schon. Wirklich. Ich war nur ein bisschen sauer auf mich selbst, mach dir da keine Sorgen, bitte.“ Vielleicht wollte er einfach nicht glauben, dass er eigentlich erreicht hatte, was er tief im Innersten wirklich wollte – dass sie mit dem ganzen Kram aufhörte und weniger gefährlich lebte. Es war so schrecklich, wenn er sie schwach und kränklich sah und darauf vertrauen musste, dass eine andere, möglicherweise noch schlimmere Droge sie wieder auf die Beine brachte. Aber vielleicht wollte er ihr aber nicht ihren Lebensinhalt rauben, der sie ja schließlich die ganzen Jahre am Leben gehalten hatte, in denen sie nun nicht mehr unter dem Schutz ihres Heimatdorfes stand. Er würde sich damit doch viel zu viel anmaßen, dafür, dass er noch nicht einmal eine Woche mit ihr zusammen war…
Noch schrecklicher war die folgende Situation. Len wusste erst nichts mit all dem hier anzufangen. Die drei Oinin – wieso sollten sie ausgerechnet jetzt auftauchen und ausgerechnet jetzt auch noch einen lange flüchtigen, aber vollkommen untergetauchten Abtrünnigen wieder mit nach Hause schleppen? Und warum ging es nicht einfach, Yoko zu betäuben, oder ähnliches...? Aber warum war sein Kopf im Moment so wirr, warum fiel es ihm so schwer, sich zu konzentrieren? Ihm fielen tausende von Fragen ein und keine einzige konnte er beantworten. Unwillkürlich kratzte er sich über das Handgelenk und fühlte sich ein wenig klarer, wenn auch immer noch eher verschwommen, was eigentlich los war. Der Schwertgriff leuchtete fast in seiner Dunkelheit, die seine vernebelte Gefühls- und Gedankenwelt einnahm. Wie eine Motte vom Licht und der vermeintlichen Sicherheit der Waffe angelockt, nahm er das Ding entgegen – und zuckte schwer zusammen, als er merkte, wie sehr er Yoko allein durch diese Aktion wehgetan hatte. Zwar verscheuchte er den Angreifer vorerst relativ gut, aber dann sagte ihm etwas, dass er weder mit dieser Waffe, noch mit irgendeiner anderen umgehen konnte. Zwar wehrte er sich gegen den Gedanken, weil ihm immer noch so war, als könne er ganz und gar gut mit Schwerter umgehen, weswegen er das Ding auch umklammert hielt, aber trotzdem war es irgendwie.. komplizierter als sonst, einen ordentlichen Schlag zu verteilen. Doch wurde ihm ja sowieso die Entscheidung abgenommen, was er nun weiter damit tun sollte. Blind schlug er mit der Klinge um sich und hatte Glück, dass er nicht Yoko mit ihr getroffen hatte, sondern den einen Oinin, der nun vergeblich versuchte, den Blutfluss zu stoppen, da er so dumm gewesen war, die Waffe herauszuziehen und weit von sich zu schleudern. Es war nicht leicht, durch den Rauch etwas zu erkennen, zumal Len die Sicht auch noch durch weiße und rote Schlieren, hervorgerufen durch einen Schlag mit einem dumpfen Gegenstand auf seinen Schädel, seine Sicht erschwert wurde. Aber er fühlte den Schmerz nicht wirklich, sondern nur eine elende Ruhe, die ihn zwang, dort knien zu bleiben, wo er war, auch wenn das Atmen hier unten erschwert wurde, wo der Rauch sich noch entlangkringelte. Der verletzte Oinin tat ein paar torkelnde Schritte rückwärts, traf auf den ohnmächtigen Angreifer von vorhin, stürzte rückwärts über ihn und blieb liegen. Vielleicht war er ja tot. Dann hatte Len ja noch einen Strich für seine Strichliste. Aber das Ding ging ja noch über Notwehr… oder so etwas… Noch fühlte er keine Schuld, sondern nur eine wabernde, weiße Ruhe, die sein Innerstes durchflutete und ihn weiterhin auf den Boden fesselte. Erst, als ihm klar wurde, dass das ganz sicher nicht seine Gefühle waren, die er da fühlte, kehrte die Sorge zurück und er wollte sich zurück auf die Beine kämpfen, nachdem er ein Stoßgebet an Gott gen Himmel gesandt hatte. Einmal knickten ihm die Beine ein, aber dann stand er wieder und sah sich mit getrübtem Blick nach allen Seiten um. Zwei von den Oinin standen noch… einer war aber außer Gefecht. Es stand also zwei gegen zwei! Komm, das sollte doch zu schaffen sein. Er verlor das Gleichgewicht und stolperte gegen eine bröckelnde Häuserwand, die, wie es ihm vorkam, bestimmt bald unter dem Druck zusammenstürzen würde – oder aber, ihm war nur ein bisschen schwindelig. Bei Yokos Lachen zuckte er nur noch mehr zusammen und blinzelte häufig, um vielleicht erkennen zu können, was dort eigentlich vorging. Sie redet vom Tod, huh? Und ich rede mit mir selbst… Ich sollte aufhören mit mir selbst zu reden. Der Anführer erschien neben ihm, direkt aus den letzten Ausläufern der Wolke und erneut ertönte die kalte, zischende Stimme: „Du bist so dumm, dass du noch stehst, aber sie ist dümmer.“ Mit einem boshaften Lachen lehnte sie – ja, das war eine sie! Das hatte er ja gar nicht erkannt… - gegen die Wand neben ihm und deutete auf Yoko, die nun begann, den letzten, anderen Oinin (wirklich ein Kerl. Juhu.) zu provozieren, der darauf ansprang und tief wütend schnaubte, dann aber ein Kunai zog und auf sie loshetzte.
Len packte die Frau beim Kragen, auch wenn sich seine Finger nicht ganz so fest um diesen schließen konnten, wie er es gerne hätte, aber zumindest die Geste zählte. „Ich warne dich, du Abschaum! Lass sie gehen!“ Doch die Frau lachte nur und starrte ihn durch die Sehschlitze der Maske aus funkelnden Augen an. „Dumm, wie immer. Das war’s sowieso schon.“ Ein weiterer Wimpernschlag, den er unter ihrer Maske erkannte, dann sackte Len wieder in sich zusammen und fühlte sich mehr als depressiv und zu Tode erschöpft – als wäre er in eine tiefe, schwarze Schlucht gestürzt und käme dort bei Gott nicht wieder heraus. Er starrte nur auf den Boden vor sich und wartete. Er wartete darauf, dass der Kampf vorbei war und er sich brav seinem Schicksal stellen konnte, immerhin verlangte der Chef nach ihm. War der Chef die Mizukage? Eine gute Frage. Er sollte sie irgendwann mal stellen, wenn er nicht so unmotiviert war.
Ein weiteres Mal kratzte Len sich, ohne darüber nachzudenken, warum, über das Handgelenk – und dann fiel es ihm auf. Das Gefühl kannte er. Das Gefühl kannte er nur zu gut, weil er früher oft fast daran gescheitert wäre! Oh, sie war gut geworden – und so quieklebendig, wo sie doch eigentlich schon lang von Würmern zerfressen sein müsste.
„Gott verdammte Scheiße… Yuusuki“, knurrte Len und rappelte sich unter Mühen wieder auf. Die Sternchen flackerten erneut vor seinen Augen und sein Schädel fühlte sich, als würde jemand darauf mit einem Vorschlaghammer einschlagen, aber das war im Moment gar nicht so wichtig. Bevor das Mädel, das Gefühle kontrollieren konnte und das eigentlich vor drei Jahren gestorben war, noch Yoko in eine Kampfesunlust schickte, sollte er lieber dafür sorgen, dass das nicht geschah. Sonst wäre er ja noch viel mehr Schuld an ihrem Tod.
Wenn man erst einmal erkannt hatte, dass man unter dem Einfluss von Yuusukis Doujutsu stand, war es gar nicht mehr so schwierig, es abzuschütteln und Len gab dem Mädchen eine Kopfnuss. Nicht gerade die eleganteste Art, aber immerhin wirkte es! Sie flog hin und jammerte. Jammerte, weil sie Schmerz wahrscheinlich nicht gewöhnt war.
Jetzt, wo er wieder ein bisschen klarer war, fiel ihm Yokos Arm auf, aus dem sie vorhin doch Nadeln gezogen hatte… Der verfärbte sich ja. Das sah nicht gut aus, ganz und gar nicht gut. Als er allerdings losstraksen und ihr helfen wollte, knickten ihm die Beine wieder ein und er fand sich schon wieder auf seinen Knien wieder, die mittlerweile schon extrem lädiert sein müssten. Yuusuki grinste, und da ihr Blut von der Stirn tropfte – oh, Len musste sich auch welches aus dem rechten Auge wischen, weil die Augenbraue es nicht mehr hatte halten wollen – sah sie noch irrer aus, als sie wahrscheinlich war. „Hansou schafft das Mädel. Die tut doch nur so, als würde sie wirklich daran glauben, dass sie gewinnen kann.“
„Ach komm, labere nicht. Halt einfach dein unverschämtes Maul, okay? Ich brauch schon ein bisschen, um bei Bewusstsein zu bleiben und hab keine Zeit dafür, mir dein blödes Gelaber reinzuziehen…“
Daraufhin war Yuusuki beleidigt. Egal, ob Oinin und verdammt grausames Kind – sie blieb ein Mädchen und die waren nun einmal anfällig darauf, beleidigt zu sein, wenn man ihnen nicht zuhören wollte.
Sein Blick richtete sich wieder auf Yoko. Es war so dumm, was hier geschah. So dumm! Was würde Yuma wohl sagen? Yuma würde sicherlich sagen, dass er es gewusst hatte… Er hätte es wissen müssen. Wären sie nur nie hier her gekommen…
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BeitragThema: Re: Gassengewirr   Gassengewirr I_icon_minitimeMi 21 Sep 2011, 15:59

Es war durchaus amüsant, wie Len an einer Antwort arbeitete, die er ihr auf so etwas geben konnte. Aber sie wusste es ja selbst, dass sie auf der normalen Intelligenzebene nicht unbedingt weit oben stand. Scherte sie auch einen feuchten Dreck. Was zählte war doch, dass sie Dinge wusste, mit denen sie auch etwas anzufangen wusste! Was hätte ihr bisher schon ein Gedicht von Goethe gebracht? So etwas ließ sich doch nicht verkaufen – musste man nur mal in eine Bibliothek gehen und man hätte tausende umsonst vor sich liegen. Aber vielleicht war es deshalb auch ein Grund, wieso sie sich so liebten? Weil sie eben so starke Differenzen hatten, die sich ausgleichen ließen? Die Möglichkeit bestünde doch! So konnte er ihr ja bestimmte Dinge lehren und sie konnte ihm die paar Sachen, bei denen sie sich wirklich auskannte, näher bringen.
Hast du etwa Angst, dass ich dann zu einer unausstehlichen Klette werde, wenn ich nur noch dich habe?“ Verdammt schlechter Scherz, um die Situation aufzulockern, der jedoch in ihren Augen so schlecht war, dass sie doch bei den Worten lachen musste. Wobei es ja nicht mal ein richtiger Scherz war. Denn sie hätte wie schon gesagt nur noch ihn. Ob das wirklich so gut wäre, wusste sie nicht. Immerhin brauchte doch jeder immer Freiraum und etwas, an das er sich erfreuen konnte, was nicht mit dem Partner zusammenhing. Zumindest glaubte sie das. Trotz allem würde sie sich die Idee mit dem Drogenaufgeben mal vorbehalten. Stellte sich nur unwillkürlich die Frage, wie sie dann wieder fit wurde und wie sie weiter an Geld kam. Wobei… brauchte sie überhaupt Geld? Sie müsste doch eigentlich schon für ihr Leben vorgesorgt haben, wenn sie normal weiterleben würde. Nun, das ergäbe sich noch mit der Zeit. Vorerst war sie einfach froh, dass er nicht mehr wirklich sauer auf sie war – selbst wenn er das Gegenteil behauptet hatte nur auf sich sauer gewesen zu sein.
Allerdings hielt der kurze Moment der Freude nicht lange an. Wichtiger war nun nicht zu sterben, wo sie angegriffen wurden! Oder bisher nur sie, weil sie ja getötet werden müsste. Und jetzt gab sie Len auch noch das Schwert, das sie sich erbeutet hatte, mit dem er aber nicht sonderlich umgehen konnte. Das war nicht gut. Ganz und gar nicht gut! Und sie stand gerade nur feige hinter ihm, sodass sie auch noch der Rauchbombe entgehen konnte. Wo hingegen er umso mehr getroffen wurde. Als sie ihn so am kopfblutend auf dem Boden kniend erblickte, schluckte sie recht schwer. Sie hatte nicht aufgepasst auf ihm. Obwohl sie es ihm versprochen hatte! Und damit war nicht einmal das in der Suite gewesen. Es war schon länger her, als sie das zu ihm gesagt hatte – selbst wenn er es nicht sonderlich ernst genommen hatte. Aber sie stand nun einmal zu ihrem Wort, wenn es nur ging! Und es wäre doch gegangen. S-Sie hätte ihn doch lediglich nach hinten ziehen können. Ihn hinter sich ziehen können. Aber nein, sie hatte versagt! Und das auf erster Linie, als sie auch noch das Gift der Senbon zu spüren bekam. Fast schon lächelte sie aber wieder, als er es schaffte aufzustehen. Vielleicht lag es an seiner Geste hier, dass er nicht aufgab, dass sie auch nicht aufgeben durfte und den Giftübeltäter von vorhin zu sich wank. Vielleicht schaffte sie es ja noch diesen Kerl aus dem Weg zu räumen, dann hätte Len nur noch einen, gegen den er sich zu behaupten hatte. Nur dumm, dass dieser jemand bei ihm stand. Doch konnte sie sich darum nicht weiter kümmern, immerhin hechtete da jemand mit einem gezogenen Kunai auf sie zu. Wow… so eine Waffe war sie ihm also wert, dass er sich so überheblich gab. Tja, irgendwie hätte sie gern selbst eine Waffe. Oder… irgendetwas. Ach stimmt ja, sie hatte Fäuste und Füße! ♥ Das hatte zum ausreichen. Wobei sie gern mehr Kontrolle über Bewegungen und Gedanken gehabt hätte. Viele Optionen hatte sie allerdings nicht mehr. Auch war er schon wieder viel zu nah. Hatte sich wohl wirklich angegriffen gefühlt. „Finden wir heraus, ob du vom männlichen Geschlecht bist, Schatzi!“, rief sie gespielt fröhlich aus. Irgendwie musste sie ihre momentane Unterlegenheit und Unsicherheit ja vertuschen, weshalb sie sogar kurzzeitig die Arme ausbreitete, ehe er ihr wirklich zu nah war, dass sie das Kunai abermals mit ihrer linken Hand abfing. Die war eindeutig hin! Also war es doch nicht schlimm, wenn da noch mehr fehlte, sagte sie sich. Doch konnte sie den Überraschungseffekt wieder ausnutzen, da er wohl verdutzt war, dass sie gar nicht versucht hatte torkelnd auszuweichend. Nun, war sie eben doch nicht so blöd! Und da sie Yoko Utsukushi war, die Frau, die als Nuke schon viele Menschen auf brutalste unehrliche Art und Weise getötet hatte, scherte sie sich einen Dreck darum, ob es unfair wäre, was sie folgend machte. Nämlich herausfinden, ob das vor ihr ein Kerl war! Mit dem Fuß trat sie ihm in die empfindsamste Stelle eines Mannes, der daraufhin wirklich vor ihr zusammen auf die Knie sackte, nicht ohne noch die Waffe mit sich zu ziehen, was ihr nur noch mehr Schmerzen in der Hand bereitete, als sie ohnehin schon hatte. Selbst wenn Len immer dagegen war, musste sie sich nun so fest auf die Lippen beißen, bis sie Blut schmeckte und sich wieder beruhigte. Vor Schmerz zu schreien ging ihr einfach gegen Strich und Faden. Also mit einem anderen Schmerz ablenken. „Dabei hab ich dich sogar vorgewarnt, Süße. HA!“, rief sie demnach aus, als er fast tonlos wegen seinem Schmerz wimmerte. Irgendwie interessierte es sie, wer denn da nun vor ihr war, wenn sie tatsächlich sterben sollte und es dieser Kerl geschafft hatte. Also war sie im Begriff ihre Hand nach der Maske auszustrecken, als sie ein dröhnender Schmerz im Kopf erreichte, es kurzzeitig schwarz vor Augen wurde und sie keuchend einen Schritt rückwärts fiel. Sie konnte nicht mehr. Sie… konnte einfach nicht mehr, wie sie sich eingestehen musste, weshalb es ihr nun wichtiger erschien noch einmal den Blick von Len aufzusuchen. Ob es… ob es ihm noch gut ging. Ob er diesen anderen Oinin etwa besiegen konnte, im Gegensatz zu ihr. Denn ihr Gegner schien sich allmählich wieder zu beruhigen und versuchte auf die Beine zu kommen.
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